Inhaltsverzeichnis

 

Die ostfriesische Küste vor Beginn des Deichbaus

Die Besiedlung der Marsch

Küstenschutz durch Deichbau

Die Entwicklung der Deichlinie des Norderlandes bis zur Gegenwart

Die Anfänge des Deichbaus

Der Deichbau vom 17. Jahrhundert bis zu Gegenwart

Die Vorarbeiten und Beschaffung des Baumaterials

Die Entwicklung der Deichbautechnik

Vorlandanwachs und  Landabbruch

Die Entwicklung des Deichwesens

Die Neuordnung des Deichwesens

Aufgaben der Deichverbände

Die Sturmflut vom 16./17. Februar 1962

Entwicklung und Verlauf der Wetterlage in der Deutschen Bucht

Wasserstände

Der Wasserstandsverlauf

Die Windstauverhältnisse

Der Höchstwasserstand

Die Sturmflutschäden an den Deichen

Die Konsequenzen für den Küstenschutz nach den Erfahrungen der Februarflut von 1962 am Beispiel der Deichacht Norden

Die Deiche im Bereich der Deichacht Norden

Die Situation vor der Deichverstärkung

Planung und Ausbau

Die Bestimmung der Deichhöhe von Utlandshörn bis zum Mandepolder

Der Querschnitt allgemein

Die Gestaltung des Querschnitts zur Verstärkung und Erhöhung des Schardeiches im Bereich  der Deichacht Norden

Die Ausführung des Deichbaus

Der Deichuntergrund  und Deichboden

Die Gewinnung des für den Deichbau benötigten Bodens

Die Technik des Deichbaus

Vorlandgewinnung und Küstenschutz

Die Entwässerung und der Küstenschutz

Naturmessungen und zukünftiger Küstenschutz

Die Eindeichung der Leybucht

Erklärung der Terminologie

 

 

Die ostfriesische Küste vor Beginn des Deichbaues

Die Entwicklung der Küstenlinie

Die Entwicklung der Küstenlinie wurde in sehr starkem Maße von den Eiszeiten beeinflusst. Während dieser Zeiten waren große Wassermaßen als Eis gebunden, so dass der Meeresspiegel bedeutend tiefer lag, als etwa während der dazwischenliegenden Interglaziale (Zwischeneiszeiten).
„So befand sich während der Weichselvereisung das Meeresniveau etwa 100 m tiefer als heute, die Küste erstreckte sich rund 300 km weiter seewärts und lag am Nordrand der Dogger.- und Jütlandbank.“ (Rack, S. 23)

Mit dem Abschmelzen der Gletschermassen begann ein Prozess, während dessen der Meeresspiegel ständigen Schwankungen mit einzelnen dazwischenliegenden Stillstandsphasen unterworfen war.  Die Meeresablagerungen konnten während solcher Phasen neue Bodenschichten bilden.

Die Marschbildung begann in einer Stillstandsphase des Meeresniveaus, die etwa von 300 v. Chr. bis 100 n. Chr. dauerte. Die damalige Marschlandschaft war von tiefen Wasserläufen, sog. Baljen durchschnitten und ging allmählich ins Watt über. Als um 200 n. Chr. das Wasser wieder zu steigen begann, wurde die Marsch z.T. überflutet und in Inseln (Halligen) und Buchten zerschnitten.

 

Die Karte „ Ostfriesland vor Beginn des Deichbaues -  etwa um 800 n. Chr.“, zeigt den wahrscheinlichen  Küstenverlauf um diese Zeit. Nördlich der Ems der Emsgau mit der Sielmönker Bucht, um den Einbruch der Ley herum der Federgau, mit dessem nördlichen Teil der heutige Bereich der Norder Deichacht beginnt.

Durch das Norder Tief abgetrennt die Utlande (heutiges Utlandshörn) mit der nordwestlichen darüberliegenden versunkenen Marschinsel Bant und dem nordöstlich anschließenden Norderland, das sich in die Westermarsch, Ostermarsch und  die dazwischenliegende Geestinsel unterteilt, auf der die Stadt Norden liegt.

Zu diesem Zeitpunkt reichte die Küstenlinie noch nahe an die Geestinsel heran.
 
Ostfriesland vor Beginn des Deichbaus:

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Die Besiedlung der Marsch

Die Besiedlung der Marsch steht im engen Zusammenhang mit dem Vordringen und Zurückweichen des Meeresspiegels.

Grabungen des Landesinstitutes für Marschen und Wurtenforschung in Wilhelmshaven haben ergeben, dass z.B. die Marsch oberhalb von Emden um 500 v. Chr. in Form einer Flachsiedlung besiedelt war.
Dieses Gebiet lag damals ca. 2,0 m unter dem Mitteltidehochwasser. Nach einem erneuten Vordringen der See begann in der zweiten Hälfte de 1. Jahrhunderts v. Chr. eine weitere Verlandung der Marsch, die eine verbreitete Besiedlung zur folge hatte.

In dieser Zeit fällt der Beginn des Warfenbaues. Durch das langsame Ansteigen des Meeresspiegels waren die Marschbewohner gezwungen, sich durch Auftragung von Erdhügeln vor dem Wasser zu schützen.

Diese Erdhügel in Ostfriesland Warfen genannt, wurden mit dem Anstieg des Meeresspiegels schichtweise erhöht und erreichten dadurch beachtliche Ausmaße. Die größten unter ihnen waren  bis zu 10 m hoch und bedeckten eine Grundfläche bis zu15 ha. Auf diesen Warften fanden ganze Siedlungen Platz. Die ursprüngliche Siedlungsform in der Marsch ist das Dorf. Erst sehr viel später wurden Warften für einzelne Gebäude aufgeschüttet. Die Warfendörfer wurden vornehmlich in zwei Formen angelegt die man als Rundwarften und Langwarften bezeichnen kann. Dabei handelte es sich bei den Rundwarften in der Regel um bäuerliche Siedlungen, während an den Handelsplätzen zumeist die Langwarft angelegt wurde.

Abb. 2 : Wurten und Flachsiedlungen auf dem Marschgürtel an der südlichen Nordsee.  (nach Haarnagel)

Die Lage der Warften wurde nicht willkürlich gewählt. Sie wurden in Ketten angeordnet und lagen längs dem Ufer eines Flusses oder einer Meeresbucht. Eine entscheidende Rolle bei dieser Standortwahl, wird neben der höheren und trockneren Lage auf den Uferwällen, auch die Möglichkeit der Teilnahme am Seeverkehr und Überseehandelgespielt haben.

„Die Lebensweise der Bewohner hat sich nach den Funden zu urteilen, während des Jahrtausends vor dem Bau der Deiche nicht geändert. Sie waren vorn dem Bau der Deiche in der Hauptsache Viehzüchter. Unter den Knochen überwiegen weitaus die vom Rind“ (1)

Als Streu für das Vieh konnte neben Reit und Binsen Stroh nachgewiesen werden

„ Dies Stroh ist der sichere Beweis, dass auch Ackerbau getrieben wurde und zwar in der Marsch selbst nicht etwa auf der benachbarten Geest. Ältere Dörfer hat die Geest nur wenige aufzuweisen, und diese boten mit ihren kleinen geringwertigen Äckern keine Möglichkeit, die zahlreichen und großen Warfdörfer mit Getreide zu versorgen. Die Krummhörn mit ihren 50 Warfdörfern hatte in der Nähe überhaupt kein bebautes Geestland. Das Brookmerland war Hochmoor und Sumpf. Die Marsch musste das Brotgetreide liefern.“ (2)
Dafür genügte es zunächst, wenn die Äcker von Mai bis August flutfrei waren.

Den Beginn des Deichbaus kann man um das Jahr 1000 n. Chr. ansetzen und hat seinen Ursprung wahrscheinlich  im Versuch der Marschbewohner, ihre Weiden und Äcker durch niedrige Erdwälle vor dem Salzwasser zu schützen, um so höhere Ernteerträge zu erwirtschaften.

Die Geschichte der Warften und damit die Besiedlung der Marsch in größeren Umfang, umfasst etwa 1 Jahrtausend. Die Gestalt der Küste hat sich während dieser Zeit kaum verändert, sie war allein den formenden Kräften des Wassers ausgesetzt. Die großen Veränderungen traten erst nach dem Bau der Deiche auf.

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Küstenschutz und Deichbau

Der Ausbau der Deichlinie bis zum 13. Jahrhundert

In einer Gemeinschaftsleistung bauten die Küstenbewohner in einem Jahrhunderte dauernden Prozess eine geschlossene Deichlinie entlang der ganzen Küste. Der Bau dieses sog. „Goldenen Ringes“ dürfte um 1300 abgeschlossen gewesen sein.
Die Idee eines Deichschutzes hatte sich aus kleinen Anfängen langsam entwickelt. Zunächst dienten die Deiche weniger dem Schutz der Wohnsiedlungen, als vielmehr dem des Acker- und Weidelandes. Diese Ringdeiche und Deichabschnitte wurden daneben als befestigte Verbindungswege benutzt, die quer durch das tiefgelegene  Siedland von dem Warfendorf zur Geest führten. So war u.a. auch die Stadt Norden, die sich auf einer Geestinsel entwickelte durch drei Deiche mit dem Festlandblock verbunden. Im nächsten Abschnitt des Deichbaus wurde die Schließung des Deiches angestrebt. Dabei wurden zunächst die kleinen Tiefs durchdämmt später die größeren  Grenztiefs.

 

Größere Tiefs bildeten in der Marsch oft gleichzeitig die Landesgrenzen. Nachdem diese in einer Gemeinschaftsarbeit der Nachbarländer geschlossen worden waren, verlandeten sie. Das frühere Deichsystem hatte mit der Lage der heutigen Deiche wenig Ähnlichkeit, sie verliefen nicht unbedingt parallel zum Geestrand.

 

Die Geschichte der Deichentwicklung, vor allem die Anfänge des Deichbaus, liegt fast vollständig im Dunkeln. Erst im Rüstringer Landrecht, dem sog. Asegabuch, das in der Zeit um 1300 fällt, wird der Deich mehrfach erwähnt.

Im Kapitel 10, Absatz 10 heißt es:

 

„Das ist auch Landrecht, dass wir Friesen eine Seeburg stiften und stärken müssen, einen goldenen Reif, der um ganz Friesland liegt: an dem soll jede Rute ebenso hoch wie die andere sein dort, wo die salzene See sowohl bei Tag als bei Nacht anschwillt.“   1) Ohling, Seite. 4

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Entwicklung der Deichlinie des Norderlandes  bis zu Gegenwart

Die Siedlung Norden entwickelte sich auf einer Geestinsel. Geestinsel und Festlandblock waren durch eine Niederung, durch die das Flussbett des Norder Tiefes (östlich Nordens Galgentief genannt) verlief.
Ursprünglich war diese Niederung eine Eiszeitliche Schmelzwasserrinne.

„Schon in frühgeschichtlicher Zeit bestanden auf der Norder Geestinsel vier bäuerliche Siedlungen. Die Keimzelle der Siedlung  Norden war vermutlich die von Luidger um 800 errichtete Sendkirche, dem Vorläufer der zwischen 1235 und 1250 erbauten heutigen Ludgerikirche.“     1) Rack, S. 11

Mit dem Einbruch der der Leybucht, der ältesten ostfriesischen Bucht, waren verheerende Überschwemmungen verbunden, die die Einwohner der Marsch zwangen, sich am Rande des Hochmoores niederzulassen. Die letzte Katastrophe erfolgte im Jahr 1373, als mit dem Untergang des Dorfes Weststeel  die Leybucht ihre größte Ausdehnung fand und bis an die Geestinsel Norden heranreichte. Durch diesen Einbruch des Wassers hatten auch die größeren Schiffe Zugang zum Norder Hafen, was dem Ort zur Ausweitung seiner wirtschaftlichen Bedeutung verhalf.

Karte 2: Die größte Ausdehnung der Leybucht im 14. Jahrhundert

 

Mit dem Bau der Deiche waren politische und soziale Umwälzungen verbunden. So wurde die bis zu diesem Zeitpunkt herrschende fränkische Gaueinteilung gesprengt und aus dem Gau Nordendi wurde beispielsweise das Norderland.

Die Länder waren identisch mit den Deichverbänden. Die Deichstrecke des damaligen Norderlandes verlief von der Einbuchtung der Ley bis einschließlich Dornum, das durch die Länderregelung vom Harlinger- an das Norderland gefallen war.

Die folgenden Jahrhunderte brachten fast mit jeder Sturmflut Deichbrüche, die zum Teil mit katastrophalen Folgen für die Küstenbewohner verbunden waren. Allein aus dem 14. Jahrhundertkennen wir vier große Fluten. Der tiefste Landeinbruch der Ley erfolgte in dieser Zeit bis Marienhafe, so dass der Ort von Seeschiffen angelaufen werden konnte. Marienhafe diente um 1400 den Vitalienbrüdern unter Klaus Störtebecker als Schutzhafen. Tiefe Einbrüche des Norder Tiefs zwangen ebenfalls dazu, die Deichlinie weiter zurückzunehmen.

„An der Nordküste des Norderlandes waren die Auswirkungen der Fluten, abgesehen von den Verlusten durch die Überschwemmung relativ günstig. Nur auf einer kurzen Strecke in Ostermarsch wurde der Deich über Kloster und Wilhelmsfeld als Halbmond eingelegt, im übrigem von Itzendorf bis Theener dagegen um durchschnittlich 500 bis 600m auf den Anwachs vorverlegt. Die restlichen Deiche des Norderlands zwischen Utlandshörn und Dornum dürften im alten Zuge wieder hergerichtet worden sein“  1) Ohling, S.37

Im laufe dieses Jahrhunderts gingen an der ostfriesischen Küste über 400 Quadratkilometer eingedeichten Landes verloren, davon entfielen auf die Leybucht 65 Quadratkilometer, auf das Norder- und Harlingerland 7 Quadratkilometer. Dagegen stand ein Landgewinn von etwa 20 Qudratkilometer.
Das 15 Jahrhundert war gekennzeichnet von einer Festigungsphase der Deichlinie, bzw. konnten alte Einbrüche wieder eingedeicht werden. So konnte gegen Ende dieses Jahrhunderts in der Leybucht 28 Quadratkilometer und im Norderland 2 Quadratkilometer eingedeicht werden.

Das 16. Jahrhundert brachte große Neulandgewinne für die Leybucht (28 Quadratkilometer) und das Norderland hatte östlich von Norddeich einen breiten Anwachsstreifen zu verzeichnen. Doch bildeten sich neue Gefahrenpunkte heraus. Einer davon war Utlandshörn, wo das schützende Vorland immer weiter abgetragen wurde. An dieser Tendenz wirkte besonders die Weihnachtsflut von 1717 mit, bei der Itzendorf  ausgedeicht  und große Landverlust hingenommen werden mussten. Die letzte große Sturmflut war die von 1825. Diese Flut hatte neben den unmittelbaren Verlusten zusätzliche Auswirkungen: die Deichlast wurde für die Träger durch die erforderlichen Ausbesserungen und Deicherhöhungen fast untragbar. Die Deiche wurden nach dieser Sturmflut in größerem Maße verstärkt, als dies eigentlich erforderlich gewesen wäre. So erreichten  in der Mitte des 1900 Jahrhunderts die Deiche im allgemeinem die Stärke, in der sie Ostfriesland noch bis vor wenigen Jahren umgaben und z. T. auch heute noch umgeben.

Karte 4: Entwicklung der Küstenlinie bis zum 18. Jahrhundert

Zusätzlich wurden nach 1833 wieder Eindeichungen vorgenommen, so dass die ostfriesische Küste mit Ausnahme der Leybucht, eine ziemlich gerade Linienführung aufzuweisen hatte.

„Im 20. Jahrhundert trat als Folge des technischen Fortschrittes eine Änderung in den Methoden des Deichbaus und der Neulandgewinnung ein, die sich u.a. auch auf die Auswahl der einzudeichenden Flächen auswirkte.“  1)  Ohling,  S. 58

Die Folge war ein Anstieg in der Landzunahme. Ausdeichungen kamen nicht mehr vor.

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Die Anfänge des Deichbaus

Über die Anfänge des Deichbaus kann man nur Vermutungen anstellen. In den Chroniken und Berichten werden sie erst Ende des 12. Jahrhunderts erwähnt. In Ostfriesland wird jetzt der Deich in den Heberegistern des Kloster Werden genannt, die aus dieser Zeit stammen. Wenn man davon ausgeht, dass die Deiche als einfache Erdwälle zunächst nur die Felder der Marschbewohner vor dem Meerwasser schützen sollten, so muß nach Meinung der Marschenforschung mit dem Bau der Deiche, der Bau der Siele einhergegangen sein. Das Wasser, das in die Köge eingedrungen war, musste auch wiederabgeleitet werden können. Die ersten Kögen können nur klein gewesen sein, man vermutet aber, dass nach ihrer Bewährung weitere Kögen angeschlossen und die innen liegenden Dämme abgetragen und zur Verstärkung der Aussendämme verwendet wurden. Man musste den Boden der überflüssig gewordenen Dämme nutzen, da die Beschaffung und der Transport der Erde außerordentlich schwierig gewesen sein muss.

Die ebenerdige Besiedlung der Köge war noch zu unsicher, doch wurden bereits  Warften für Einzelhöfe aufgeworfen. Die immer höher werdenden Wälle müssen schließlich eine Funktion übernommen haben, die der der Binnendeiche entspricht.

Die ersten Erfahrungen im Deichbau haben sich wahrscheinlich auf den Deichuntergrund bezogen. Bei weichem Untergrund muss der ganze Deich schon beim ersten Wellenangriff versackt sein. Der Deichuntergrund stellte über lange Zeit ein großes Problem im Deichbau dar.

„Das musste noch die Bauleitung des Kaiser-Wilhelm – Polders 1873 bei der Ausführung   des Kaideiches durch das Emder Watt erfahren“ 1) Ohling,  S.252

Welche technischen Mittel den Deichbaupionieren zu der Zeit zur Verfügung standen, geht aus dem Rüstringer Recht hervor:“ Auch wollen wir Friesen unser Land halten und mit dreierlei Werkzeug verteidigen: mit dem Spaten und mit der Tragbahre und mit der Forke.“ 2 Ohling, S. 255

Dieser Satz deutet an, mit welchen Schwierigkeiten die Beschaffung geeigneten Bodenmaterials verbunden war. Es musste mit dem Spaten gegraben, mit der Tragbahre zur Deichstelle gebracht werden und mit der Forke mussten die als sehr kostbar angesehenen Soden auf den aufgeschichteten Deich gelegt und festgeklopft werden.  Die Deichbauer lernten schnell die Deicherde nach ihrer Güte zu unterscheiden. Die Anlage des Deiches wurde nach dem, an dem jeweiligen Ort gemachten Erfahrungen gestaltet. Schon früh wurden das Bestick, die Deichhöhe und Kappenbreite vorgeschrieben.

„Als Anlage bezeichnete den Abstand zwischen Innenfuß und Außenfuß. Das Verhältnis von Höhe und Dosierungsbreite  bestimmte die Steigung. Je größer dieses Verhältnis war, umso steiler gestaltete sich die Dosierung. ( Es gehören zum Verhältnis 1:1 ein Anstiegswinkel von 45 Grad, zu 1:2 von 26,5 Grad, zu 1:3 von 18,5 Grad, zu 1:4 von 14 Grad).“ 3 Ohling  S. 253

Ein Arbeiter musste zu der Zeit, ohne Rücksicht auf die Witterung, an einem Arbeitstag 6,25 qbm Deichbauerde graben und ankarren. Nach alten Aufzeichnungen waren die Deiche im 12. Jahrhundert etwa 2,5  bis  2,80 m hoch. Mit dieser Zeit wurden sie immer höher aufgeschüttet und erreichten um 1550 eine Höhe von 3,50 m bis 3,75 m. Es ist anzunehmen, dass sich diese Höhen auf das Vorland bzw. auf das Maifeld bezogen und nicht wie heute auf NN.

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Der Deichbau vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Über die Art des Deichbaus liegen uns vom 17. Jahrhundert an detaillierte Berichte vor. Von Münch, Brahms und Hinrichs haben uns aus der Zeit seit dem Ende dieses Jahrhunderts ausführliche Schilderungen überliefert, die dann bis zur Gegenwart hin fortgesetzt worden sind. Doch da bereits seit dem Beginn des Deichbaus die spezifische Situation eines zu bedeichenden Gebietes eine entscheidende Rolle bei der Planung und Ausführung der Arbeiten spielte, kann man von einer absoluten Allgemeingültigkeit der beschriebenen Baumaßnahmen nicht sprechen.

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Vorarbeiten und Beschaffung des Baumaterials

Vor Beginn der Deichbauarbeiten musste grundsätzlich der Deichuntergrund auf Höhe und Festigkeit, d.h. auf seine Tragfähigkeit untersucht werden. Bei der Ermittlung der Höhe, ging man zunächst von der Höhe des Maifeldes aus, auf dem der Deich zu errichten war und rechnete einen Zuschlag von 60 cm hinzu. Erst später bezog man sich auf die ordinäre Flut, d.h. auf den Hochwasserstand.

Die Bodenfestigkeit wurde durch Bohrungen ermittelt, die jedoch leider nicht bis in ausreichende Tiefe durchgeführt wurden.
Bei der Beschaffenheit des Materials bezog sich zunächst auf Karren, Dielen, Schippen und Spaten. Wobei Spaten und Schippen meist von den Arbeitern selbst mitgebracht werden mussten. Holz, Stroh und Reit mussten für den Bau der Deicharbeiterunterkünfte beschafft werden. Zusätzlich wurde mit den Brauern und Bäckern vor Baubeginn die Lieferung von Brot und Bier, nach Menge und Preis vereinbart. Das für den Deichbau notwendige Erdmaterial wurde im Deichvorland, durch die Anlage von Pütten gewonnen.

 

„Die Pütten waren nach einem bestimmten Schema abzustecken. Ein Pütt war 20 Fuß x 20 Fuß, etwa 6m x 6m groß, sie sollte durchweg 4 Fuß, also 1,20 m tief ausgestochen werden. 1 Fuß Tiefe bezeichnete man als Schacht.  Dem Kubikinhalt entsprechend wurden Länge und Breite vergrößert, wenn man die Pütt des Untergrundes wegen nur auf 0,90 m ausheben konnte.

Die Einzelpütten waren genau ausgerichtet. Zwischen den Pütten mussten sog. Speckdämme stehen bleiben, um die Karren oder Wüppen darüber zu führen.  Bei der Koyerarbeit mussten sie 3 m breit, bei Wüppen 6 m breit sein. Das Gesamtvorfeld teilte man in Pfänder  von 30 m Breite für die Koyerarbeit und 1,80 m Breite bei Wüppenarbeit auf; diese Pfänderaufteilung sollte den Wettbewerb unter den Arbeitskolonnen anregen. Alle Speckdämme standen winkelrecht zur Berme. Bei Deichkrümmungen musste man das Püttwerk notgedrungen winkelschief anlegen. An der Seeseite des Hauptdeiches durfte ein Weg von etwa 10 m Breite nicht abgegraben werden“  1) Ohling,  S. 267

Mit den Ausgrabungsarbeiten wurde bei den hintersten Pütten begonnen, dadurch war die Arbeit zu Beginn am schwersten und am aufwendigsten.

„In der Pütt standen 3 Männer, die die schwerste Arbeit besorgten, den Aushub der Erde“  1) Ohling,  S. 267

Diese  Erde wurde in die Wüppen geworfen, die dann über Dielen zur Deichbaustelle gefahren wurden. Je nach der Länge des Weges wurden Ausweichstellen eingerichtet. Auf dem Weg wurden die vollen Karren aus „erster Hand der zweiten Hand“, bei längeren Wegen weiteren Personen übergeben. Die leeren Karren wurden wieder auf den Ausweichstellen abgestellt und von dem Vorgänger mitgenommen. Auf diese Weise sollte eine Unterbrechung der Arbeit verhindert werden. Am Deich standen zwei Männer, die die dort abgeworfene Erde aufschichten und glätten mussten, dabei kamen sie auf eine Tagesleistung von 45 cbm Erde pro Mann, wenn man die damals üblichen 12 Stunden Arbeitszeit zugrunde gelegt. Die Wüppenarbeit, also mit dem Einsatz von Pferden als Zugtieren, war nur bei trocknem Wetter möglich. Wenn der Klei nass wurde, klebte er an den Pferdehufen und Wagenrädern und war so weich, dass die Räder tief in den Boden einsanken.

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Die Entwicklung der Deichbautechnik

„Die Aufschüttung des Deiches forderte die gleiche Sorgfalt wie die Püttarbeit. Die Deichlinien wurden abgesteckt, auch das Bestick wurde angezeigt.

Man schlug zwei senkrechte Latten dort, wo die Kappe anzulegen war, und zog Leinen, die die Dosierung andeuteten. Die gesamte Deichstrecke wurde nach den Pfändern des Püttwerkes aufgeteilt. Die ganze angefahrene Erde musste über den Pfandteil verbreitet werden. Das war nötig, damit Sonne und Wind die feuchte Erde austrockneten und damit auch der Anschluss von  Pfand zu Pfand erreicht wurde Auf diese Weise wuchs der Deich gleichmäßig in die Höhe.“  1) Ohling,  S. 276

 

 

Beim Deichbau musste unbedingt darauf geachtet werden, dass kein Wasser durch die Risse in den Deichkörper eindringen konnte und so den Deichkörper aufweichen würde. Dieses hätte seine Standfestigkeit  stark beeinflusst. Die aufgebrachten Erdschichten wurden von den Pferden festgestampft. Anschließend wurden die Deiche mit Soden abgedeckt. Dabei wurde von den Theoretikern des Deichbaus empfohlen, bei den Soden, die auf die Außenseite des Deiches gebracht werden sollten, darauf zu achten, dass diese auch in einem Salzwassergebiet gewchsen sein sollten. Die Maße der einzelnen Soden und die beste Aufbringezeit wurden genau festgesetzt. Die grünen Deiche, die einen hohen runden Fuß und eine runde Kappe hatten, waren besonders bevorzugte Deiche, weil ihre Unterhaltung am billigsten und wenn ein gut durchwurzelter fester Rasen entstanden war, waren sie zudem von ausreichender Widerstandsfähigkeit.

Zusätzlich ermöglichten sie Schafzucht bzw. konnten die älteren Deiche als Jungviehweide benutzt werden. Schon damals galt ein gutes Vorland als zusätzliche Schutzmaßnahme, besonders für den Deich selbst. An solchen,  vom Vorland geschützten Stellen, brauchte der Deich nicht zusätzlich durch Strohbestickung, Holzungen oder Steinböschungen geschützt werden.

 

Strohbestickte Deiche dienten damals nur als Ersatz für grüne Deiche. D.h. dort wo Soden nicht zur Verfügung standen, wurde der Deich mit Stroh bestickt. Verwendet wurde und wird dabei langes, nicht zu grobes Roggenstroh. Das Handwerkzeug des Deichbestickers besteht auch heute noch aus Stricknadel und Leibschutz. Der Leibschutz besteht aus einer runden Platte, die an der Innenseite gepolstert und an einem Riemen befestigt ist. Der Riemen wird so um die Taille geschnallt, dass die Platte ungefähr die Magengegend abdeckt.

Die Stricknadel wurde immer nach Maß angefertigt und hat am unteren Ende eine stumpfe zweizinkige  metallene Klinge, die an einen hölzernen Stil befestigt ist Abb. 3

 

Zu Beginn der Arbeit musste das Stroh so verteilt werden, „dass die Halme auf Verband verzogen liegen. Der Sticker kniet an der linken Seite der Naht nieder, fasst mit der rechten Hand das Stroh zusammen und stellt die Nadel auf das zusammengefasste Stroh. Dann lässt er sein Eigengewicht auf die Nadel fallen, so dass die gepolsterte Eisenplatte auf den Kopf der Nadel trifft. Das Stroh soll 13 bis 15 cm tief in die Erde eingestoßen werden, deshalb muß der Sticker 2 bis 3 mal zustossen“ 1) Ohling, S. 300 

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Eine Handbreit vom Spatenstich wiederholt er den Vorgang. Für 1 qm Deich sind 140 Stiche (300 – 400 Stöße notwendig. Strohbestickte Flächen müssen 2 - 3mal im Jahrhundert ausgebessert bzw. erneuert werden. Heute werden Deiche nur noch als vorläufige Ausbesserung  mit Stroh bestickt. Die Besodung und Bestickung hat sich jedoch als wichtige deichbauliche Maßnahme bis heute gehalten.

 

Sehr viel kostenintensiver war eine Deichsanierung mit Schutzwerken aus Holz. Wahrscheinlich wurde diese Art der Deichsicherung zum ersten Mal im 14. Jahrhundert ab besonders gefährdeten Deichen angewandt. Im 16. und 17. Jahrhundert kamen sie regelhaft an allen gefährdeten Deichstellen vor, nachdem sie vorher besonders in Hafenorten angewandt worden waren. Dabei wurden die Pfosten oder Posten, wie die dazu verwendeten Pfähle genannt wurden, “ in die Tiefe gerammt, bis sie im harten Untergrund mit einem Drittel ihrer Gesamtlänge Halt fanden.“ 1) Ohling, S. 300
Quer über die Pfostenreihe wurde der Balken angebracht, der dem Wasser den eigentlichen Widerstand bieten musste. Zusätzlich wurde das Ganze durch abstützende Schrägbalken gesichert.  Abb.4

 

Besonders stark wurden die Holzungen nach den großen Fluten  von 1717 und 1720 betrieben. Sie sollten vor allem:“ das Einspülen vom Fuß des Deiches verhindern und das Vorland erhalten.“ 2) Ohling, S. 302

 

Zunächst wurde die Holzung noch waagerecht angebracht, doch kam man bald aufgrund  von Berechnungen  und notwendig gewordene Einsparungsmaßnahmen darauf, die Holzung im rechten Winkel anzubringen und sie von innen auszufüllen. Man lernte die Vorzüge eines langsamen Deichabfalls kennen und bezeichneten diesen Teil des Deiches als Berme. Die Berme wurde langsam vervollständigt. Sie wurde auf eine durchschnittliche  Breite von 15m gebracht und in ihrer Höhe der Springflut angepasst. Zum Abfluss des Wassers sollte sie eine seewärtige Neigung und einen Steinschutz, der vor der Holzung angebracht würde erhalten.

 

Aufgrund der hohen Kosten wurden Steine zuerst nur sehr zögernd verwendet. Erst nach der Sturmflut von 1825 hat sich diese Bauart wirklich durchgesetzt. „ Man erkannte, dass auf die Dauer sich Anlage – und Instandhaltungskosten verringerten, weil der Stein die längere Lebensdauer hatte. Es wurde zwischen leichtem und schwerem  Deckwerk unterschieden. Das leichte Deckwerk, für die breiter gebaute Berme bestimmt, bestand aus normalen Ziegelsteinen, die vom Deichfuß her 10 bis 15 m breit nach der Deichkappe hin verlegt wurden. „  1) Ohling, S.324
Am Deichfuß wurden die Ziegelsteine durch eine Pfahlreihe vor dem Abrutschen geschützt. „ Bei schwerem Deckwerk verwendete man zur Besteinigung des Deichfußes Sand oder Kalkstein.“ 2) Ohling, S. 324

 

Die Berme wurde zum Deich hin 40 bis 50cm tief ausgegraben und mit Steinschutt ausgekoffert. Abb. 5

 

Die Sandsteine wurden auf kleinen Schiffen aus der Nähe von Osnabrück über die Ems angeliefert. Während des Hochwassers fuhren die Schiffe an die Baustellen heran und sobald das ablaufende Wasser es zuließ wurden die Steine ausgeladen und eingebaut.

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Abb. 5 Früheres Schwerdeckwerk im Bereich des Norddeicher Hafens

Später wurden die Sandsteine vielfach durch Basaltsäulen ersetzt. Die Verarbeitung dieser Natursteine war jedoch schwieriger. Die Deiche, die nach der Sturmflut  von 1826 nach den neusten Erkenntnissen der damaligen Zeit gebaut wurden, konnten sich in Norden bei der schweren Sturmflut von 1962 zum letzten Male in einer harten Probe bewähren.

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Vorlandanwachs und Landabbruch

Schon früh erkannte man, dass die Förderung eines natürlichen Bodenanwachses
entscheidend zur Küstensicherung beitragen kann und zudem eine wirtschaftliche vertretbare Massnahme  darstellt. Natürlicher Anwachs entsteht nur dort, „ wo schlickreicher Wasser an bestimmten Stellen zur Ruhe kommt und wo diese Stellen vor Winden aus Nordwesten und Südwesten einigermaßen geschützt sind.“  1) Ohling, S. 256

Um den Schlick zu halten mussten Grüppen und Lahnungen angelegt werden und evtl. im Vorland vorhandene Strömungen eingedämmt und schließlich zugedeicht werden.

Das Hauptmittel der Anwuchsförderung war und ist die Begrüppung. Durch ihre Anlage wird das auf.- und ablaufende Wasser beruhigt und das Vorland überall gleichmäßig erhöht. „ Grüppen werden so angelegt, dass sie zum Überstrechenden Süd.- Westwind quer liegen.“ 2)  Ohling, S. 260

Sie wurden in einer Entfernung von jeweils 35 bis 50 Fuß, 60 cm tief und 1,20 m breit ausgehoben. Zur Windseite hin wurde eine Lahnung angelegt. Sobald die Grüppen aufgeschlickt waren, wurden sie erneut ausgehoben. Auf diese Weise erhöht sich das Vorland und eine Abflußmöglichkeit des Wassers bleibt erhalten. Während der
Anwachs den Deich schützt, gefährdet der Abbruch des Landes den Deich in starken Maße. Der Abbruch tritt ein, „ wenn ein Wattenstrom mit jeder Tide erneut zunächst das Vorland und schließlich das Ufer trifft, den Deich unterspült, und deren Sohle wegbricht und den Deich nachschiessen lässt. Es bleibt deshalb immer die Aufgabe am Deich, dem Abbruch vorzubeugen. Mittel gegen den Abbruch waren – zum Teil sind sie es heute noch :

  1. Packwerke, kleine Verpfählungen, Steinlagen und Schläge
  2. Bohlenwerke und Holzungen
  3. Steinbänke und Steinwürfe
  4. Einbau von Schlängwerken und Höften  (Buhnen)
  5. Einlagen

 

Welche Maßnahmen vorzunehmen waren, entschied und entscheidet der Fachmann nach eingehenden Untersuchungen des Wattenstromes, des Fortschritts des Abbruchs, der Beschaffenheit des Untergrundes im Watt und im Strom und des Stromprofils in der nähe des Abbruchs.“  1) Ohling,  S.316

Das einfachste Mittel waren die Schläge, dabei wurden Sträucher aufrechtstehend in das Watt, parallel zum Deich, eingegraben.  Packwerke, Schlangenwerke genannt, waren nötig, wenn der Tidestrom das Ufer direkt bedrohte. Dabei wurden mehrere Lagen aus Buchwerk am Fuß des Deiches befestigt.  

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 Abb.6  Befestigung eines Schlengenwerkes am Deichfuß

Wenn der Deich schar lag, mussten sog. Holzhöfte verhindern, dass ein Grundbruch den Unterbau des Deiches gefährdete. Dabei wurden doppelte Pfahlreihen vom Deich weck ins Watt  vorgetrieben, die anschließend mit Buschwerk oder Klei ausgefüllt wurden.  Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erhielten sie auf der Oberseite noch zusätzlich Steinpackungen. Am seewärtigen Ende der Höfte wurden sog. Häupter angebracht, deren Form unterschiedlich war. Sie lagen direkt am Tidestrom und sollten den Verlauf des Stromes so beeinflussen, dass er eine neue Richtung nahm, der Wasserstau gering blieb und im Wasser treibende Gegenstände den Deich nicht beschädigten konnten.

Diese Holzhöfte waren jedoch sehr aufwendig in der Unterhaltung. Als die Deichfüße besteint wurden, ersetzte man auch bald alte Hölzhöfte durch Steinhöfte, die man zunächst Molen und später Buhnen nannte

           Abb. 7   Lageplan der Steinbetten beiderseits Norddeich

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Entwicklung des Deichwesens

Die Entwicklung des Deichwesens in Ostfriesland

Der Bau der Deiche wurde von altfriesischen Genossenschaften, wahrscheinlich den Hundertschaften, durchgeführt. Dies waren Verbände die aus der vorchristlichen Zeit stammten und rein friesischen Ursprungs waren. Im Gegensatz zur Geestbevölkerung, die sächsischen Ursprungs war, waren die Marschbewohner Friesen, die wahrscheinlich vom Meer her die Marsch besiedelt haben und schon in der vorwarflichen Zeit hier ansässig waren.

Das ganze Land war verwaltungsrechtlich seit der Unterwerfung Frieslands durch Karl den Großen im Jahre 785, nach fränkischer Art, in Gaue eingeteilt. Doch das Verhältnis zwischen Amtsgewalt und Volkswillen wurde bedeutend vom Einfluß der friesischen Bevölkerung bestimmt. So ging die Bedeichung des Landes wahrscheinlich ebenfalls von den Friesen aus und wurde auch von ihnen selbst durchgeführt. Der Deichbau schaffte neue Bedingungen und sprengte schließlich die Gaueinteilung. An ihrer Stelle traten die Länder.

Von noch größerer Bedeutung waren die sozialen Veränderungen, die etwa um diese Zeit eintraten. Zu der bis zu 1000 bestehenden ständischen Gliederung in Friesland zählte ein bevorrechtigter Stand der Edlen, der Stand der Freien, zu dem die Mehrzahl der Bewohner gehörte, der Stand der Liten oder Halbfreien und ein vorwie

gend aus Kriegsgefangenen bestehender Sklavenstand. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts hatte sich dieses System aufgelöst, die Friesen kannten nur noch Freie. Neben dem Kampf gegen das Meer behaupteten sie sich gegen jede Unterwerfung durch fremde Landsherren oder die Kirche, der es nicht gelang in dem größten Teil der Marsch den Zehnten einzutreiben. Aufgrund  dessen galten die Friesen als ein Volk, das „voll Wildheit“ 1)  Buß S. 91 und das „ von rasender Wut entbrannt für die Freiheit zum Schwerte greift“.    2)  Buß, S.91

„ Die Rüstringer Rechtssatzungen, die das älteste Deichrecht enthalten, schärfen zugleich das Fernhalten fremder Herren ein. In ein und demselben Atem heißt es: Wir sollen unser Land verteidigen mit dem Spaten, der Schiebkarre und der Forke, und sollen es schützen mit Schwert und Speer und dem braunen Schild gegen den hohen Helm und roten Schild und die ungerechte Herrschaft.“ 3) Woebcken, S. 5

Dem gemeinsam kämpfenden Volk wurde die Gleichberechtigung aller zum Selbstverständnis, ohne dass die Besitzverhältnisse durch gesetzgeberische Maßnahmen verändert wurden.

Die Deichverwaltung war ein Teil der allgemeinen Länderverwaltung. Sie Bestand aus der Mitgliederversammlung unter Vorsitz eines Schulzen und des Asega, zu deren Aufgaben auch die Schlichtung von Deichstreitigkeiten und die Deichschauung gehörte. Als Unterorganisationen waren die Gemeinden für den Bau und die Instandhaltung der Deiche verantwortlich. Deichpflichtig war jedes Gemeindemitglied. Das Maß richtete sich nach seiner Stellung innerhalb der Genossenschaft. Mit der Unterteilung der Deichpflicht nach Pfändern, wurde hauptsächlich nach dem Landbesitz der einzelnen Personen bemessen, dass durch den Deich vor einer Überflutung geschützt wurde.

Mit dem Übergang von der Kommuniondeichung zur Pfandwirtschaft änderte sich an der Deichpflicht des Einzelnen nichts. Dass auch die Warfbewohner,  die kein eigenes Land besaßen, deichpflichtig waren, beweißt, dass das zu schützende eigene Land nicht als einziges Kriterium galt. Zur Zeit der Pfandeindeichung war es besonders schwer für den einzelnen die Deichlast zu erfüllen. Konnte ein Pfandinhaber seine Verpflichtungen gegenüber dem Deich nicht erfüllen, so konnten diese von Genossenschaftsmitgliedern übernommen werden, die mit ihm verwandt waren oder von der ganzen Gemeinde. Diese Pfandübertragung wurde durch das Spatenrecht geregelt. Das Recht besagt, dass der Pfandinhaber zugleich mit dem Deich sein Land, sein sonstiges Grundvermögen zusätzlich seiner fahrbaren Habe verlor.
Die Ausübung erfolgte vor Deichbeamten und der ganzen Gemeinde auf dem Deich. Dazu musste der Deichpflichtige drei Soden stechen und hinter sich werfen oder die Forke auf den Deich setzen.
„ Schon diese Handlung entehrte den Deichpflichtigen; jede Deichverletzung galt im Deichrecht als Verbrechen. Der Deichpflichtige erhob sodann die Hand zum Schwur, dass sein Land die Deiche nicht mehr halten könne.“ 1) Ohling,  S. 164

Er konnte danach als Landarbeiter weiterleben, verlor aber sein Stimmrecht und das Recht auf Übernahme eines Amtes Er  blieb jedoch frei.

Die Deichpflicht bestand nicht nur in der Pfandunterhaltung. Sie konnte auch bei bestimmten Aufgaben, die Kommunion durchzuführen waren, einsetzen.

Wenn z.B. ein Deich gebrochen war oder verlegt werden musste oder sollte. Als später für bestimmte deichbauliche Maßnahmen Fachleute eingesetzt werden mussten, wurde ein Deichschoß erhoben, dass von allen Deichpflichtigen zu entrichten war.

 

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts hatten die Deichverwaltungen begonnen sich von den Kommunen zu lösen. Ein unabhängig urteilendes richterliches Kollegium vertrat das Deichrecht, das damit auch nicht mehr Teil des Länderrechtes war. Die Deichverbände verselbstständigten sich über die Ortsverbände hinaus und wurden schließlich, aufgrund der zersplitterten Herrschaftsverhältnisse in Ostfriesland (Häuptlingszeit), zu Verbänden, die sich unabhängig von der Landesherrschaft und – Verwaltung zu Deichachten zusammengeschlossen.

 

In Ostfriesland bildeten sich 36 Deichachten.  Die oberste Instanz dieser Organisation waren die Deichrichter oder Deichgrafen. Ihnen wurde ein Ausschuss zugeordnet, der aus der Vertretung der beitragspflichtigen Grundbesitzer bestand. Zu den Aufgaben des Deichrichters gehörten die Deichschauen, die ursprünglich von gewöhnlichen Gerichtsbeamten, später von einem Spezialbeamten der Gemeinden durchgeführt wurden. Bei der Deichschau hatten die Deichrichter zu prüfen, ob der Deich die Landessicherheit gewährleisten konnte.

 

Die Deichgerichtsbarkeit, ursprünglich ein Teil der Landesgerichtsbarkeit, konnte der Deichrichter bei kleinen Verletzungen des Deichrechts ausüben, während größere Vergehen unter die allgemeine Rechtssprechung fielen. Den Deichachten fehlten jedoch die Möglichkeit und die Voraussetzung gemeinsam handeln zu können. Die einheitliche Leitung hätte eine politische Behörde übernehmen müssen, was besonders in Notzeiten erforderlich gewesen wäre. Erst durch die Eingliederung Ostfriesland in den preußischen Staat war diese Voraussetzung gegeben. Den besseren Einsatz der Deichachten unter einer solchen Leitung zeigt der Vergleich der Durchführung der Wiederherstellungsarbeiten und Hilfsmaßnahmen der Sturmflut von 1717 und 1826.

 

Die Oberhoheit der Deichverwaltung fiel dem preußischen König, Friedrich dem Großen zu. Die Aufsichtsbehörde wurde die Regierung in Aurich. Die überlieferten genossenschaftlichen Verwaltungsformen blieben jedoch bestehen. Die nach der kurzen preußischen Zeiteingeführte hannoversche Verwaltung änderte an den Grundsätzen des ostfriesischen Deichwesens nichts. Erst die Verordnung des Regierungspräsidenten in Aurich von 1931 griff in das Selbstverwaltungsrecht der Deichachten ein und machte sie hinsichtlich ihrer Gerichtsbarkeit bei den Deichschauungen, zur Unterbehörde des staatlichen Deich- und Sielamtes.

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Die Neuordnung des Deichwesens

Das Niedersächsische Deichgesetz

Für den Küstenraum zwischen Dollart und Jadebusen gelten das Niedersächsische Deichgesetz vom 05.11.2004, die erste Verordnung über Wasser- und Bodenverbände vom 3.9.1937 (23.05.2002) sowie das Niedersächsische Wassergesetz vom 7.7.1960 (17.12.2004). Die unter diese Gesetze fallenden Deiche, die zum Schutz gegen Sturmfluten dienen und darum Hauptdeiche sind, sind in ihrer Bestimmung hier festgelegt. Dazu gehören erstens Angaben zum Deich selbst (z.B. wie die Höhe eines Deiches zu berechnen ist, zu den nötigen Deichschutzwerken und zur Erhaltung des Deiches). Zweitens zur Deichpflicht. Zur gemeinsamen Deicherhaltung sind die Grundeigentümer des geschützten Gebietes verpflichtet. Die Grenzen sind von der oberen Deichbehörde nach der Höhe des maßgebenden Sturflutwasserstandes festgesetzt worden.

„Durch diese Festlegung wurde die Deichpflicht auf ein sehr viel größeres Gebiet als nach der vorher gültigen Deich- und Seeordnung für Ostfriesland vom 12.6.1853 ausgedehnt.“  1) Ohling,  S. 638

Die Deichverbände erfassen nicht nur die Bewohner der Küstenmarsch, ihr Gebiet erstreckt sich heute über die Moorgebiete  bis zur Geest. Den Deichverbänden obliegt nach dem neuen Deichgesetz die Erhaltung der Hauptdeiche. Die dabei entstehenden Kostenwerden von den Verbänden selbst getragen. Die Übernahme  der Kosten durch das Land, bzw. die Beteiligung daran, ist durch eine Änderung zum Niedersächsischen Deichgesetz vom 1.1.1968 festgelegt worden. Danach trägt das Land die Kosten für die Herstellung der notwendigen Deichabmessungen, die Kosten für die Schutzwerke im Watt und Vorland und auf Antrag der Deichverbände Zuwendungen, wenn die Deichlast für die Deicherhaltung die Beitragslast der Verbände erheblich übersteigt. Z.B. wurden die Kosten für die während der Sturmflut 1962 entstandenen Schäden fast vollständig erstattet.

Die Deichverbände arbeiten nach Satzungen, die sie sich unter Beteiligung der zuständigen Behörden selber gegeben haben.

„Die Deichaufsicht obliegt der oberen Deichbehörde, Regierungs- bzw. Verwaltungspräsidenten, so der unteren Deichbehörde und zur technischen Beratung der unteren Behörden haben die Wasserwirtschaftsämter Sorge zu tragen, dass die Verbände die ihnen nach dem Gesetz übertragenen Aufgaben erfüllen können.“    1) Ohling, S.643

In die Bearbeitungszeit dieses Gesetzes fiel die Sturmflut von 1962, so dass die daraus gewonnenen Erkenntnisse im Gesetz berücksichtigt werden konnten. Von den vier Küstenländern hat nur Niedersachsen ein besonderes Deichrecht, die anderen Länder haben ihre deichrechtlichen Regelungen in den Wassergesetzen getroffen.

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Aufgaben der Deichverbände 

Den Deichachten oder Deichverbänden wurden als Träger der Deicherhaltung, bestimmte Deichstrecken zugewiesen. Für die Deichacht Norden ist das die, auf der Skizze angegebene Seedeichlinie. Abb. 8

Die Leitung der Deichacht liegt bei dem Vorstand, der sich aus dem Oberdeichrichter und weiteren vier Mitgliedern zusammensetzt. Der Oberdeichrichter und sein Stellvertreter werden alle 10 Jahre neu gewählt und scheiden mit Vollendung des 65. Lebensjahres aus. Dem Oberdeichrichter untersteht die Verwaltung der Deichacht, er ist verantwortlich für die Beseitigung von Mängeln an den Deichen und vertritt die Deichacht bei allen rechtlichen Verwaltungsangelegenheiten.

Der Finanzhaushalt der Deichachten besteht aus dem ordentlichen Haushalt, der sich aus den Beiträgen der Verbandsmitglieder, sowie aus Grund.- und Kapitalvermögen zusammensetzt. Der außerordentliche Haushalt, aus dem die gegenwärtigen Arbeiten finanziert werden, die den Verbänden jedoch von Bund und Land voll erstattet werden. Die Ausgaben der Deichverbände ergeben sich aus dem Deichgesetz und beziehen sich vor allem auf die Deicherhaltung und Deichverteidigung. Unter Deicherhaltung versteht man die Erhaltung  der festgesetzten Abmessungen und die Pflege des Deiches. Dazu gehört die Beseitigung der Sturmflutschäden, Schäden die durch falsche Beweidung der Deiche oder durch deichschädigende Kleintiere wie Wühlmäuse o.ä. entstanden sind.

Die Pflege der Grasnarbe lässt sich am besten durch die Beweidung des Deiches mit Schafen erreichen. Das Beweiden und Mähender Deiche gehört heute zu den Aufgaben der Deichverbände. Bei größeren Arbeiten treten die Wasserwirtschaftsämter ein, die die Arbeit an leistungsfähige Firmen vergeben.

Der Zustand der Deiche wird jährlich zweimal durch schauen der Aufsichtsbehörde geprüft. Die Frühjahrsschau dient der Feststellung der im Winter entstandenen Schäden und der Festlegung der Instandsetzungsarbeiten. Die Herbstschau soll die Schadensbeseitigung feststellen und prüfen, ob der Deich genügend sicher gegen Sturmfluten ist.

Bei den Sturmfluten ist die Deichverteidigung Aufgabe der Verbände. Während dieser Zeit muß der Deich überwacht werden. Auftretende Schäden müssen noch während der Sturmflut bzw. unmittelbar danach behoben werden. Dazu müssen die Deichverbände Material zur Verfügung haben. Kleinere Schäden werden von den Deicharbeitern und Freiwilligen behoben. Bei größeren Schäden, und sobald die Situation so ist, dass größere Schäden auftreten könnten, greifen die Landkreise ein, die für die Katastrophenabwehr in ihrem Gebiet zuständig sind. Neben den Einsatz von verschiedenen Organisationen  haben sie die Möglichkeit Arbeitskräfte zum Dienst in der Deichverteidigung zu verpflichten.

„Die Bedeutung der Deichverbände und der Wert ihres Einsatzes für die Deichverteidigung hat sich bei der Februarsturmflut von 1962 erwiesen. Der sofortige Beginn der Sicherungsarbeiten war damals entscheidend; er kann nur erreicht werden, wenn die Verbände sich auf erfahrene und einsatzbereite Mitglieder stützen können.
In der Nacht zum 16./17. Februar 1962 drohte die Sturmflut eine Katastrophe für die ganze Küste zu werden. Die Deichverteidigung überstieg dann die Kraft der Deichverbände und sehr bald auch die eines Landkreises oder Regierungsbezirkes und schließlich auch die der betroffenen Küstenländer. Jedoch konnte unter Aufbietung aller Kräfte des zivilen Bevölkerungsschutzes, der Bundeswehr und der Polizei der Bruch eines Hauptdeiches zwischen Dollart und Jadebusen verhindert werden.“  1) Ohling,  S.653

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Die Sturmflut vom 16./17. Februar  1962

Die Entwicklung der Großraumwetterlage in der 2. Februardekade

Als Voraussetzung für eine Sturmflut an den Küsten der Deutschen Bucht darf ein, mit seinem Zentrum nördlich an ihr vorbeiziehendes Sturmtief angesehen werden.
„ Bei den Sturmtiefs unserer Breiten handelt es sich gewöhnlich um okkludierte Frontalzyklonen, die aus einer kleinen Störung oder Welle an der Grenze verschiedenwarmer Luftmassen – normalerweise aus der Frontalzone zwischen Tropikluft  und Polarluft  - hervorgegangen sind.“ 1)  Rodewald, S.13

Für die Entwicklung der Sturmflutwetterlage in der Nordsee im Februar 1962 war eine Frontalzone verantwortlich, die sich am 12.2.1962 über Neufundland gebildet hatte. Die Entstehung und Verschärfung dieser Frontalzone läst sich auf ein Vierer – Druckfeld zurückführen, bei dem sich je zwei Hochs und Tiefs kreuzweise gegenüber lagen und im Mittelpunkt einen neutralen Punkt hatten. Abb  10

Die Wetterkarten des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach am Main zeigten am 12.2.1962 und auch am 15.2.1962 genau diese Viereranordnung. Der neutrale Punkt lag dabei jeweils zwischen dem Warmlufthoch von 1045 mb nördlich der Azoren und den Kaltlufthoch von 1030 mb über Labrador einerseits und dem Tief östlich der Färöer von 975 mb und einem Tief zwischen Bermuda und Neufundland mit 995 mb. An dem neutralen Punkt, der in diesem Fall um 52 Grad Nord und 45 Grad West lag, trafen sich die gegenüberliegenden Hochdruckkeile und – oder auch die Tiefausläufer.

Hier wurde aus der Warmfront eine Kaltfront oder umgekehrt. Die Begegnungsisobare, die durch den neutralen Punkt verlief, kam auf der einen Seite aus einem Gebiet mit Temperaturen von plus 24 Grad, während ihr Gegenüber aus dem Polarkreis kam, in dem Temperaturen um minus 37 Grad herrschten. So kam es zur Ausbildung einer denkbar scharfen Frontalzone, als beide sich östlich von Neufundland trafen.

Die Entwicklung der Wetterlage um den 15.02.1962 hatte im wesentlichem den gleichen Verlauf wie die o.g. vom 12.02. des gleichen Jahres.

Betrachtet man die Bahn und die Entwicklung der nordatlantischen  Druckfallgebiete in der fraglichen Zeit, so lassen sich drei Systemfolgen feststellen. Abb11

Alle Systeme haben als Ursprungsort den westlichen Nordatlantik, in Bahn und Entwicklung unterscheiden sie sich jedoch.

„Ein grundsätzlicher Unterschied zeigt sich zwischen Fall 3 und den Fällen 1 und 2. Während diese beiden im europäischen Bereich bis zu 24 -stündigen Druckabsturz

von mehr als 50 mb anschwellen, tritt bei den letzten  Druckfallsystemen eine Abschwächung auf dem Ostkurse ein.“ 1) Rodewald, S.13

Dies hatte zur Folge, dass es nicht zu einer dritten Sturmflut kam, die für Norddeutschland bei dem Zustand der angeschlagenen Deiche wahrscheinlich zu einer verheerenden Katastrophe geworden wäre.

Die Entwicklung für das völlig abweichende Verhalten des dritten Druckfallgebietes scheint in der Auflösung des ausgeprägten Viererdruckfeldes zu liegen, das am 12.und am 15.Februar 1962 noch bestanden hatte und am 18.02.1962 nicht mehr zu entdecken war, was auf ein besonderes zyklogenetisches Potential des neutralen Punktes hinzuweisen scheint.

In Parallele zu den drei Druckfallgebieten lassen sich deutlich Verschärfungen des Temperaturgefälles feststellen. Diese Unterschiede sind wieder im Hinblick auf das Viererdruckfeld zu betrachten.

Als Partner des zyklogenetischen Viererdruckfeldes waren von Bedeutung das warme Azorenhoch und das kalte Labradorhoch. Das besondere an ihnen waren die Lage und ihre Ausprägung. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass Druckanomalien über Nordamerika gewöhnlich weniger ausgeprägt sind als im nordatlantischen – europäischen Raum, so kann man doch sagen, dass es sich in beiden Fällen um Rekordhochs handelte. Dar Wetterschiff K, westlich der Biskaya meldete mit 1045 mb am 11.02.1962 um 12.00 Uhr MGZ den höchsten Luftdruck der Letzten 12 Jahre. Ebenfalls wurde über den USA der höchste Druck seit längerer Zeit von 1063 mb verzeichnet. Aus den Zusammenspiel dieser beiden großen antizyklonischen Zirkulationsräder, die schon vor der zweiten Februarhälfte einen Tendenz zur Verstärkung und gegenseitiger Nährung aufwiesen, ergab sich eine besondere Luftmassenverteilung über den Ozean, welche dann mitbestimmend für die Entwicklung und Bahn der Sturmzyklonen war. Die Besonderheit der Luftmassenverteilung ergab sich aus der ungewöhnlichen Luftdruckverteilung, die der das Azorenhochstark nordwärts verschoben wurde.

„Die zweite Februardekade 1962 bezeichnet jenen Abschnitt der allgemeinen Zirkulationsentwicklung dieses Winters, in dem die Einengung der (zyklonalkalten) Westwindzone im Nordatlantik durch das übermäßig starke und nach Norden drängende subtropische System ein Maximum erreicht. In dieser Etappe der Entwicklung steigert sich der an dem engen Raum nördlich des subtropischen Höhenstrom um den Polarwirbel zu …“  einem gewaltigen Höhenorkan, bei dem am 12. und am 15. Februar 1962 Maximalwinde bis zu 250 km in der Stunde gemessen wurden.                                  1) Rodewald,  S. 50

Der Verlauf der Tiefzentren ist in beiden Fällen gleich. Auch zeigt sich eine hochgradige  Ähnlichkeit von Betrag und Dauer des Vertiefungsprozesses. Dies bezieht sich auf den aktiven Abschnitt  der Sturmzyklonen, welcher Stromabwärts vom neutralen Punkt beginnt. Der passive Abschnitt (Auffüllung des Zentrums) zeigt stärkere Unterschiede ebenso wie ihre Frühgeschichte. Die erste Sturmzyklone ging auf ein regulär wanderndes Tief zurück, während die zweite eine Ausläuferbildung war, die ostwärts der Bahn des Haupttiefs entstand. In der Gegend um Stockholm wurden in diesen Tagen die tiefsten Luftwerte seit etwa 100 Jahren gemessen. Wenn die Nordsee-

stürme und damit die Sturmfluten verschieden ausfallen, so deshalb, weil in einzelnem wesentliche Unterschiede auftraten.

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Entwicklung und Verlauf der Wetterlage in der Deutschen Bucht

Bereits am 12.Februar 1962 hatte ein kräftiges Sturmtief, das mit einem Kern (985 mb) nach Skandinavien vordrang, dem deutschen Küstengebiet heftige West- bis Nordweststürme mit Orkanböen gebracht.
„Das es hierbei nicht schon zu einer kritischen Sturmflutsituation kam, war einem auf der Rückseite des Sturmtiefs entstandenen Teiltiefs zu verdanken, dass westlich der  Deutschen Bucht südostwärts vorbeischwenkte und daher hier den Wind bereits in der Nacht zum 13.Februar abflauen ließ. Erst im Laufe des 13. setzte wieder stürmischer Nordwest – und Nordwind auf der Rückseite dieses Tiefs ein, der bis zum 14. Abends anhielt“  Roediger, S.1

Die Entwicklung einer zweiten Zyklone begann am 13. Februar bei Neufundland, deren Hauptteil unter Vertiefung von 1000 mb auf 975 mb, in die Davisstrasse (zwischen Grönland und dem Kanadischen Archipel) anzog, während ein Teiltief, das sich bei Kap Farewell abspaltete rasch zum Nordmeer zog und dort als selbständiges Sturmtief von 970 mb festgestellt werden konnte. Höhenströmungen und die vorhandenen Drucktendenzen begünstigten die rasche Ausweitung des Sturmtiefs auf die Deutsche Bucht. Am 15.02.62 um 20.00 Uhr gingen die ersten Sturmmeldungen der Nordseefeuerschiffe „ Borkum Riff“ und  „ P8“ mit Südweststärke 8 Beaufort ein. 

Tabelle 1: Beaufort – Skala

Windstärke

Bezeich-
nung

Windge-
Schwindig-keit  in m/s

Auswirkungen
Im Binnenland

der Windstärke
auf See

 

0

 

still

 

0,0 – 0,2

Windstille, Rauch steigt gerade empor.

Spiegelglatte See

 

1

 

leiser Zug

 

0,3 – 1,5

Windrichtung angezeigt durch Zug des Rauches, aber nicht durch Windfahne

Kleine schuppenförmig aussehende Kräuselwellen ohne Schaumkämme

 

2

 

leichte Brise

 

1,6 – 3,3

Wind am Gesicht fühlbar, Blätter säuseln, Windfahne bewegt sich.

Kleine kurze Wellen, aber ausgeprägter. Kämme sehen glasig aus, brechen aber nicht.

 

3

 

schwache Brise

 

3,4 – 5,4

Blätter und dünne Zweige in Bewegung, Wind streckt einen Wimpel.

Kämme beginnen sich zu brechen, Schaum überwiegend glasig, vereinzelt kleine weiße Schaumköpfe.

 

4

 

mäßige Brise

 

5,5 – 7,9

Hebt Staub und loses Papier, bewegt Zweige und Äste.

Noch kleine Wellen, werden aber länger. Weiße Schaumköpfe treten schon verbreitet auf.

 

5

 

frische
Brise

 

8,0 – 10,7

Kleine Laubbäume beginnen zu schwanken. Auf Seen Schaumköpfe.

Mäßige Wellen mit ausgeprägter langer Form. Überall weiße Schaumkämme. Vereinzelt kann schon Gischt vorkommen.

 

6

 

starker Wind

 

10,8 – 13,8

Starke Äste in Bewegung. Pfeifen in den Telegraphen- leitungen.

Bildung großer Wellen beginnt. Kämme brechen sich und hinterlassen größere weise Schaumflächen. Etwas Gischt.

 

7

 

steifer Wind

 

13,9 – 17,1

Ganze Bäume in Bewegung, fühlbare Hemmung beim Gehen gegen Wind.

See türmt sich. Der beim Brechen entstehende weiße Schaum beginnt sich in Streifen in Windrichtung zu legen.

 

 

8

 

stürmischer Wind

 

 

17,2 – 20,7

Bricht Zweige von den Bäumen, erschwert erheblich das Gehen gegen Wind.

Mäßig hohe Wellenberge mit Kämmen von beträchtlicher Länge. Von den Kannten der Kämme beginnt Gischt abzuwehen. Schaum legt sich in gut ausgeprägten Streifen in Windrichtung.

 

9

 

Sturm

 

20,8 – 24,4

Kleinere Schäden an Häusern. Rauchhauben und Dachziegel werden abgeworfen.

Hohe Wellenberge, dichte Schaumstreifen in Windrichtung. „Rollen“ der See beginnt, Gischt kann die Sicht schon beeinträchtigen.

 

 

10

 

schwerer Sturm

 

24,5 – 28,4

Entwurzelt, Bäume, bedeutende Schäden an Häusern.

Sehr hohe Wellenberge mit langen überbrechenden Kämmen. See weiß durch Schaum. Schweres stoßartiges „Rollen“ der See. Gischt  beeinträchtigt die Sicht.

 

11

orkanartiger Sturm

 

28,5 – 32,6

Verbreitete Sturmschäden (Sehr selten im Binnenland)

Außergewöhnlich hohe Wellenberge, durch Gischt herabgesetzte Sicht.

 

12

 

Orkan

 

32,7 – 36,9

 

-

Luft mit Schaum und Gischt angefüllt. See vollständig weiß. Sicht stark herabgesetzt. Keine Fernsicht.

In der Nacht zum 16.02.1962 drehte der Wind auf West. Am folgenden Vormittag wurden gegen 10.00 Uhr Windstärken bis zu 9 Bft. Gemessen, was eine Folge der über Neufundland entstandenen Wellenstörung  war, die sich mit großer Geschwindigkeit der Nordsee genähert hatte und auf dessen Kosten sich das Sturmtief weiter vertiefen konnte.
Den Höhepunkt des Sturmes bildete der Durchzug des Tieftroges, der sich auf der Rückseite des Tiefdrucksystems entwickeln konnte und der Deutschen Bucht am 16.2.1962 um 22.00 Uhr eine mittlere Windstärke von 9 bis 10 Bft. brachte, die in Böen bis zu 12 Bft. erreichte. Erst am Abend trat eine Beruhigung bis auf Stärke 7 Bft. ein.

Bemerkenswert an dieser Orkanwetterlage waren die außerordentlich heftigen Böen, während die mittlere Windstärke mit 7 bis 9 Bft. verhältnismäßig gering blieb.

„Der Grund hierfür war offensichtlich die starke Labilität der Polarluft und die hohe Geschwindigkeit der Höhenströmung von 120 bis 150 Knoten aus West – Nordwest in etwa 5000 m Höhe, deren starke kinetische Energie sich durch Umlagerung auf die unteren Schichten übertragen könnte.“ Rödiger,  S.8

 

Der Orkan tobte am schwersten in der nördlichen und mittleren Nordsee, wo mehrere Stunden lang volle Stärke 10  - 11 Bft., zeitweise 12 Bft. erreicht wurden. Die Böen überschritten die obere Grenze des Anemometers  (80 Kn).

 

„ Die meteorologischen Bedingungen für die außerordentlich hohe Flutwelle in der Nacht vom 16. zum 17.02.1962 waren nicht nur die lange Dauer des Sturmes, sondern auch die Lage und Ausdehnung des Sturmfeldes, dessen Stoßrichtung auf die Deutsche Bucht zielte. Wenn berücksichtigt wird, dass die höchsten Windgeschwindigkeiten nicht über die Deutsche Bucht, sondern weiter nordwärts, so bleibt festzustellen, dass die Wasserstände noch nicht die höchsten Werte erreichten, die an der Deutschen Bucht möglich sind.“       Krammer:1, S. 40

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Die Wasserstände

An den ständigen Erhöhungen der Warften und später auch der Deiche wird erkennbar, daß seit unserer Zeitrechnung die Höhe der Katastrophenfluten (bezogen auf das Festland) ständig zunahmen. Die Sturmflut vom 16./17.02.1962 hat an der Deutschen Nordseeküste Wasserstände hervorgerufen, die die bekannten Höchstmarken z.T. überschritten, ob schon die Windstärken nicht außergewöhnlich groß waren. Das Datum der Februarflut ist nach den höchsten Wasserständen festgelegt, die an der ostfriesischen Küste noch am 16.2.1962, an der Elbe und in Schleswig – Holstein dagegen am 17.02.1962 eintraten.

„Die höchsten Wasserstände der bekannten großen Sturmfluten haben niedriger gelegen, als die der für die Bemessung unserer heutigen Deiche bedeutsam sind.“      

1) Ohling, S.398

Die Höhe der alten Deiche bei Norddeich, war bei der Sturmflut von 1826 festgelegt worden, als in diesem Raum das bisher höchste HHThW gemessen wurde. Obwohl die Sturmflut der zweiten Februarhälfte am größten Teil der Nordseeküste die höchsten Wasserstände brachte, lagen diese an der Küste Ostfrieslands  um 30 cm unter denen  der Sturmflut von 1906. An der Ems wurden sie allerdings bis zu 40 cm überschritten.

Wenn man jedoch die zurückliegenden Sturmflutwasserstände, wie sie an den erhaltenen Flutmarken rekonstruiert werden konnten, vergleicht, scheinen die beobachten Wasserstände auf einen Anstieg der Sturmfluten im Verhältnis zur Landoberfläche anzudeuten.

Als um die Jahrhundertwende im Interesse einer zunehmenden Schiffahrt das Watt vermessen wurde, deuteten einige Beobachtungen, sowie Ergebnisse von geologischen  Untersuchungen auf eine Niveauverschiebung zwischen Festland und Meer hin. Man nahm an, daß dies die Folge eines Senkungsvorganges sei, in dem sich das Festland seit der Eiszeit befindet. Aus diesen Anlass würde das Küstennivellement durchgeführt. Unterirdische Festpunkte bei Wallenhorst (Osnabrück) wurden zu diesem Zweck mit Festpunkten an der Küste verbunden. (Die Festpunkte bei Osnabrück liegen ausserhalb des vermuteten Senkungsgebiet, im pleistozänen Sandboden.)

Das Nivellement, das in den Jahren 1928 bis 1931 stattfand, konnte nach dem Krieg 1949 – 1959 zur Überprüfung wiederholt werden und ein Höchstmaß an Genauigkeit der Messungen konnte damit erzielt werden. Es wurde festgestellt, dass die Höhe des Festlandes mehr oder weniger unverändert blieb, bzw. eine Verschiebung von 1,2 cm in 25 Jahren erfährt. Ein Anstieg des Meeresspiegels lässt sich jedoch anhand langjähriger Pegelbeobachtungen nachweisen. Solche Beobachtungen liegen z.B. vom Pegel Norderney seit 1826 vor. Um astronomisch bedingte Faktoren auszuschalten, wurden Mittelwerte gebildet, um Unterschiede in der Wasserstandshöhe zu ermitteln. Bei diesen Untersuchungen konnte ein Anstieg des mittleren Tidehochwassers von rund 25 cm im Jahrhundert festgestellt werden. Über die Gründe die dies bewirken könnten, sind verschiedene Hypothesen aufgestellt worden. Z.B. Klimaänderungen, die ein Abschmelzen der polaren Eismassen zur Folge haben. Nach anderen Vermutungen könnte der Anstieg des Meeresspiegels aber auch mit bestimmten  Veränderungen innerhalb der atmosphärischen Zirkulation zusammenhängen. Diese Fragen sind von großem wissenschaftlichen Interesse, für den praktischen Wasserbau ist es jedoch bedeutsam, den Vorgang erkannt zu haben und ihn bei der Planung zu berücksichtigen.  

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Der Wasserstandsverlauf

„Es ist üblich, für die Charakterisierung einer Sturmflut die Wasserstandshöhen zu benutzen; Verfrühung oder Verspätung der eingetretenen Hochwasserstände gegenüber den auf astronomischer Grundlagen berechneten Zeitpunkten sind von geringer Bedeutung, diese Werte werden hier nur erwähnt.“ 1) Schulz, S.7

An den über das Küsten.- und Tidegebiet verteilten Pegelstationen werden die Wasserstände beobachtet. Darunter befinden sich sog. Meldepegel, die ihre Beobachtungen  - sobald Grenzwerte überschritten werden – nach einem bestimmten Meldeverfahren an besondere Stellen des Bundes- und der Küstenländer weitergegeben.

Das zur Charakterisierung von Sturmfluten entwickelte Verfahren beruht auf den Angaben der Meldepegel. Für jede Meldestation ist ein Sturmflutbereich festgelegt. Bei der Februarsturmflut wurde das HHThW an 16 von 22 Meldepegeln überschritten.

„Wird der Sturmflutbereich, dar an jedem Pegel eine andere absolute Größe hat, gleich 100% gesetzt, so füllt die betrachtete Flut diesen Wert zu einem gewissen Prozentsatz aus. Beträgt der Sturmflutbereich z.B. 2,00 m  und drückt die Flut um 1,00 m in diesem Bereich ein, so ist der Füllungsgrad 50%.  Werden diese Werte für alle Meldepegel in einen Lageplan eingetragen und durch Schraffuren verschiedener Schwärzungsgrade regional dargestellt, so ergibt sich ein anschauliches Bild von den wesentlichen Merkmalen der Flut:“  2) Schulz,  S.7

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Die Windstauverhältnisse

Wenn man die Gezeitenvorausberechnung für das Hochwasser in der Nacht vom 16. Zum 17. Februar 1962, daß mit  0,10 m unter dem  mittleren Hochwasserstand angegeben war, betrachtet, so darf man für die extremen Wasserstände wohl allein das Wettergeschen verantwortlich machen.

Die höchsten Wasserstände an der Küste  lagen zwischen 3,0 m – 3,9 m über dem vorausberechneten Tidehochwasser. Man kann annehmen, daß sich diese Zahlen in folgender Weise zusammensetzen.

 

Windstau über der Deutschen Bucht:                            1,6 m bis 2,6 m
Statischer Luftdruck:                                                        0,2 m
Böigkeit:                                                                            0,1 m bis 0,2 m
Inhomogenes Windfeld:                                                   0,3 m
Schwallerhöhung:                                                             0,5 m bis 1,2 m      

  1. Rodewald, S. 66

 

Aus dieser Zusammenstellung geht deutlich hervor, daß der mittlere Wind in der Deutschen Bucht einen Windstauanteil von 2/3 des gesamten Staus hatte. Dies ist ein sehr geringer Anteil, was äußerst selten vorkommt. Einen wesentlichen Anteil am Zustandekommen des Wasserstandes hatte die Schwallerhöhung.

Mit Windstau wird allgemein der Unterschied zwischen dem vorausberechneten asrtronomisch bedingten Wasserstand und dem zur gleichen Zeit tatsächlich eingetretenen Wasserstand bezeichnet. Es konnte nachgewiesen werden, daß für einen Stau an der deutschen Nordseeküste der mittlere Wind über der Deutschen Bucht maßgebend ist. Obwohl aber der Sturm vom 16./ 17. Februar 1962 nicht merklich stärker war, als am 12.02.1962, die Böigkeit der beiden Stürme auch annähernd gleich war, führte allein der zweite Sturm zur Katastrophenflut. Ein entscheidender Unterschied der beiden Stürme lag in der Windrichtung, die am 12.02.62 vorwiegend aus WNW kam.

Da die Windrichtung einen maßgeblichen Einfluss auf den Windstau ausübt, mußte man, um beide Stürme vergleichen zu können einen Ort an der an der deutschen Nordseeküste auswählen, bei dem die Stauwerte bei WSW und WNW nur geringe Unterschiede aufweisen. Dies ist in Husum der Fall, wie aus einen Vergleich der mittleren Windgeschwindigkeiten und der ermittelten Hochwasserstauwerte hervorging. Bei den Fluten vom 12. und 17.2 wichen die beobachten Stauwerte jedoch um mehr als 1 m voneinander ab. Dieser entscheidende Unterschied konnte nur daraus resultieren, daß am 16. Februar ein unvergleichlich heftiger Sturm über der nördlichen Nordsee tobte. Wenn man die beiden Stauwerte näher untersucht, und dabei die Böigkeit und die Inhomogenität des Windfeldes beider Stürme berücksichtigt, so läßt sich in beiden Fällen ein wesentlicher Reststau ermitteln. Sofern dieser Reststau größer als 30 cm ist, fordert er eine Erklärung. Für die beiden geschilderten Fälleliegt diese in der Schwallerhöhung.

Schwallerhöhungen in der Deutschen Bucht resultieren aus den vor der englischen Ostküste beobachteten „external Surges“. Dies sind wellenförmige fortschreitende Wasserstandserhöhungen, die vom atlantischen Ozean in die Nordsee eindringen und dann wie freie Wellen weiterlaufen.
Wie eingehende Untersuchungen ergaben, kann angenommen werden, daß die hauptsächlichen Gründe für die Katastrophenwasserstände am 16./17. Februar 1962 in einem ungünstigen Eintreffen der Schwallerhöhung zur Zeit des Hochwassers liegen. Schwallerhöhungen sind zu jeder Zeit des Tideverlaufs möglich, obwohl sie allgemein recht selten vorkommen. Die ausgeprägte Schwallerhöhung vom 16./17. Februar 1962 ist aber wohl nicht nur für die extreme Höhe, sondern für den verfrühten Eintritt des Hochwassers und die lange Dauer der hohen Wasserstände verantwortlich machen.

Zwischen den beiden Sturmfluten am 12.2. und am 17.2. entsprachen die ermittelten Stauwerte den Windstautabellen und auch die Wasserständelagen bei den normalen Werten der Gezeitenvorausberechnung, so daß mit Sicherheit anzunehmen ist, daß die Sturmflutvom 12.2. die vom 16./17.2.1962 in keiner Weise beeinflussen konnte.

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Der Höchstwasserstand

Die Werte für die Sturmflut am 16./17.2.1962 lassen erkennen, daß nur an fünf Pegeln der Füllungsgrad unter 100 % liegt. An allen anderen Pegeln wurden Werte über 100 % erreicht, bis zu einem maximalen Wert von 173 % in Helgoland. Die Betrachtung dieser Werte legt die Frage nahe, ob es sich bei der Februarflut 1962 um ein sekulares Ereignis handelt. Zu diesem Zweck wurden alle Sturmfluten seit 1900 nach einem bestimmten Verfahren ausgewertet und für alle der mittlere Füllungsgrad errechnet. Die höchsten Wasserstände der Februarflut 1962 wurden als oberste Begrenzung des Sturmflutbereiches angesetzt. Im Ergebnis zeigte sich, daß diese Flut, mit einen Füllstand von 95% alle Sturmfluten übertraf. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Frage, ob noch höhere Wasserstände denkbar sind.
Um diese Frage beantworten zu können, liegen uns heute zu wenig Unterlagen über Beobachtungen extremer Bedingungen, etwa der Wasserstände vor.

Aus den Beobachtungen der Sturmflut 1962 kann jedoch geschlossen werden, daß ein ungünstigeres Zusammentreffen aller Faktoren einen noch höheren Wasserstand hätte bringen können. Aus diesem Grunde werden die neuen Deiche so gut gebaut, daß auch ein zeitweiliges übertreten des Wassers keinen Schaden anrichten kann.

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Die Sturmflutschäden an den Deichen

Die niedersächsischen Deiche, die eine Gesamtlänge von ca. 870 km erreichen, wurden nach der Sturmflut von 1962 von einer Ingenieurkommission auf entstandenen Schäden untersucht.

Dach blieben 2/3 ohne Schäden, der Rest wurde entweder leicht, mittel oder stark beschädigt. Die Schäden wurden wie folgt eingeteilt:
 
1. Branungsausschläge an den Aussenböschungen

2. Rutschungen an den Innenböschungen durch Wellenüberschlag, Sickerwasser  
    oder Überströmung.

3. Deichbrüche.

Die Ursache für solche Schäden waren im allgemeinen unzureichende Höhen des Deiches, ungünstige Querprofile, bauliche Anlagen im und am Deich und ein schlechter Zustand des Deiches. So sind Knicke, die durch den Neigungswechsel der  Böschungen auftreten können, bevorzugte Ansatzpunkte für Ausspülungen. Binnenböschungen mit Neigungen von 1:2 und z.T. steiler, erwiesen sich als sehr anfällig beim Wellenüberschlag. Die Grasnarbe wurde durch das Wasser aufgerissen und der Boden ausgespült. Das Wasser drang dann sehr schnell weiter ein und durchweichte den Deichkörper, wodurch seine Standfestigkeit verloren ging und es zu Rutschungen an der Innenseite uns später zu Deichbrüchen kam. Im niedersächsischen Gebiet waren fast ausschließlich die zu steilen Innenböschungen ausschlaggebend für Deichbrüche.

An manchen Deichstrecken sammelten sich ungewöhnlich große Treibselmengen an Diese drohten die die Grasnarbe zu ersticken. Es mußten Planierraupen eingesetzt werden, um so eine Ansiedlung von tierischen Schädlingen zu verhindern. Einbauten in und Anlagen auf dem Deich wie Wohnhäuser, Strandhallen, Masten, Weidezäune und Treppen waren vielfach Ansatzpunkte für Schäden. Unterstützt wurden diese Tendenzen durch Auswaschungen der durch nasse Witterung entstandenen Trittschäden des Weideviehs, durch Trockenrissbildung und durch Wühlgänge von Maulwürfen, Feldmäusen, Kaninchen, und Füchsen.

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Auch Ein.- und Ausbuchtungen der Deichlinie, die auf frühere Ausdeichungen nach Deichbrüchen hinwiesen, boten oft gute Ansatzpunkte für die Wellen. Umfangreiche Arbeiten waren nötig, um den Deichen ihre Standfestigkeit zu erhalten.

„Der im Jahre 1950 geschlossene Störtebeckerdeich an der Leybucht, der ebenfalls frontal im Wellenangriff lag überstand die Sturmflut ohne nennenswerte Schäden. Seine flach geneigte Aussenböschung ließ die Wellen auslaufen, ohne dem Deichkörper zu schaden, wenn auch die Grasnarbe an wenigen Stellen herausgeschlagen wurde. Dieser Deich bestand in der Februarflut 1962 seine Bewährungsprobe, seine flachen Böschungsneigungen sind mit ein Vorbild für die heutige Querschnittsgestaltung der Seedeiche.“   1) Ohling,  S. 409

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Die Konsequenzen für den Küstenschutz nach den Erfahrungen der Sturmflut vom Februar 1962 am Beispiel der Deichacht Norden

Nach der Hollandsturmflut 1953 wurde das niedersächsische Küstenprogramm ins Leben gerufen. Die folgende große Sturmflut vom Februar 1962 machte jedoch deutlich, daß die dort vorgesehenen Maßnahmen keinen ausreichenden Küstenschutz bieten konnten. Unter Berücksichtigung der dabei gewonnenen Erkenntnisse wurde das Programm „Deichbau und Küstenschutz ab 1963“ erstellt, welches 585 km Wege zur Deichverteidigung, 24 neue Deichsiele, 7 Sperrwerke an den Nebenflüssen der Elbe und Weser und den Ausbau der Schutzwerke auf den ostfriesischen Inseln vorsah. Die Kosten wurden nach den Preisstand von 1962 mit 880 Millionen DM veranschlagt.
Die vom Bund und vom Land Niedersachsen getragen werden sollten. Laut Ermittlung der niedersächsischen Wasserwirtschaftsämter mußten nach dem neuen Küstenprogramm 190 KM Deich vordringlich erhöht werden, weil ihre Abmessungen weit unter dem erforderlichen Maßen lagen.

Im Sommer 1962 begannen bereits die Arbeiten zur Erhöhung und Verstärkung der Deiche im Hinblick auf den zukünftigen Bemessungswasserstand und sonstigen Deichabmessungen. Bis zum Jahresanfang 1970 konnten im Rahmen dieses Programmes 245 km Deich auf ihre vorschriftsmäßige Höhe gebracht  und 4 Sperrwerke gebaut werden.

Abb18

„Die Sturmflutgefahr im Küstenbereich wird für große Gebiete durch den Bau von Sperrwerken in den Nebenflüssen der Ströme Ems, Weser, Elbe beseitigt.

Sie verhindern den Eintritt der Sturmfluten, wodurch die sonst notwendige Verstärkung der oberhalb liegenden Deiche auf die Höhe der Sturmflutwasserstände entbehrlich wird. Die Erhöhung dieser Deichstrecken ist zwar technisch möglich, auf jedem Fall wegen der ungünstigen Untergrundverhältnisse mit höheren Kosten, als für den Bau der Sperrwerke notwendig, verbunden.“    1) Kramer, S. 7

Um in Zukunft  Sturmflutkatastrophen mit großem Schaden zu verhindern, war es zwingend notwendig, die Verstärkung und  Erhöhung der Hauptdeiche und den Ausbau der anderen Küstenschutzanlagen so schnell wie möglich fertigzustellen. Bei der Reihenfolge des Ausbaus, war wie auch vorher das Maß der Gefährdung der Deiche durch neue Sturmfluten entscheidendes Kriterium.

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Die Deiche im Bereich der Deichacht Norden

Die Deichacht  Norden umfaßt eine Fläche von ca. 24000 ha. Der Hauptdeich in diesem Gebiet verläuft vom nordwestlichen Ende des Störtebeckerdeiches bis zum Kuchenbeckerpolder, östlich Neßmersiel und hat eine Länge von ca. 31 km.
Er ist auf ganzer Länge ein Seedeich. Wegen seiner Lage zur Hauptwindrichtung war er während  der Sturmflut 1962 sehr starken Brandungsangriffen ausgesetzt, dennoch waren die Schäden nicht so groß. Insgesamt verlief die Deichlinie ohne scharfe Krümmungen, so daß dadurch keine Ansatzpunkte für Ausschläge gegeben waren. Höhe und Querschnitt dieses Deiches waren bereits nach der Sturmflut im Jahre 1826 festgelegt worden, so daß festgelagerte Boden dieses alten Deichkörpers einen besonderen Sicherheitsfaktor darstellte. Die Neigung der Deichböschung war jedoch wesentlich steiler, als dies nach gegenwärtigen Erkenntnissen vorteilhaft ist. Eine Verstärkung und Erhöhung der Deichstrecke in der Deichacht Norden war für den Abschnitt zwischen dem Ostufer der Leybucht und dem Mandelpolder besonders vordringlich, da der Deich auf dieser Länge schar liegt und keine zweite Deichlinie vorhanden ist. Die betroffene Deichstrecke ist insgesamt 13,86 km lang.

Der Hauptdeich, der am östlichen Ende des 1950 fertiggestellten Störtebeckerdeiches anschließt, hat im Bereich der Leybucht und bei Utlandshörn Vorland. Von diesem Gebiet kann abgesehen werden, da dieser Teil hinter dem künftigen Abschlußdeich der Leybucht liegen wird.

 

Vom km 55.860 Utlandshörn bis zum Mandepolder Km 42.000 muß der Deich als Schardeich angesehen werden, wenn auch östlich von Norddeich einige Landgewinnungsfelder angelegt worden sind. Vom Mandepolder ostwärts liegen vor dem gegenwärtigen Hauptdeich Polder.- und Sommerdeiche, so daß streckenweise drei Deichlinien bestehen. Bei der später vorgenommenen Verbreiterung des Hauptdeiches in diesem Gebiet, soll dieser Deich auf die Linie der heutigen Polderdeiche vorverlegt werden. Nach den Untersuchungen der Forschungsstelle Norderney, an der ostfriesischen Küste zwischen Utlandshörn und Hilgenriedersiel läßt die Entwicklung des vorgelagerten Wattes eine deutliche Neigung zur Aufhöhung erkennen. Für die Entwicklung des Deichvorlandes sind die Verlagerung der Seegate Busetief und Wichter Ee, die sich seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts volltogen hat und die damit verbundenen Veränderungen von großer Bedeutung.

„Es zeigte sich, daß westlich des Mandepolders seit Mitte des 17. Jahrhunderts ständiger Hellerabbruch bis zur Erreichung der Deichlinie geherrscht hat. Der folgende verstärkte Angriff auf den Deich selbst, führte in der Wesermarsch 1717/21 zur Aufgabe Itzendorfs“ (Kramer 4 , S. 196) und verschiedener Polder. Östlich des Mandepolders war dagegen überwiegender Helleranwachs zu verzeichnen. Die seit 1889 erreichten Leitdämme des Norddeicher Hafens. In den erstellten Schnitten sind Aufhöhungen bis zu 1,5 m zu verzeichnen.

Vor der Westermarsch ergaben sich merkbare Aufhöhungen der Wattflächen während in den östlichen Abschnitten nur geringe Höhenunterschiede festgestellt werden konnten. In Deichnähe ist eine leichte Aufhöhung zu verzeichnen. Die Kenntnis dieser Vorgänge ist von außerordentlicher Bedeutung für die Gewinnung von Vorland und für die Berechnung der Deichhöhe.

Der Vergleich der alten Deichhöhe NN+6,80 m mit denen, die von der obersten Deichbehörde, dem Niedersächsischen Ministerium  für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, als Richtwerte vorgegeben wurden, ergibt Fehlhöhen bis zu 1,4 m. Wenn die künftige Deichhöhe dennoch Abweichungen aufweist, dann ist daraus zu erkennen, daß die Richtwerte nur einen Anhalt geben können und erst nach eingehenden hydraulischen Untersuchungen die Sollhöhe des Deiches festgelegt werden kann.

Auf der Deichstrecke der Deichacht Norden, sind aus diesem Grunde auch unterschiedliche Höhen für Schardeiche, Vorlanddeiche und Deiche mit Vordeichen zu erwarten. Der am 20. Januar 1971 vom Wasserwirtschaftsamt Aurich aufgestellte Entwurf, behandelt jedoch zunächst nur die scharliegende Strecke von der Nordwestecke der Leybucht bis zum Mandepolder. Die Erhöhung und Verstärkung der anderen Deiche ist zwar gleichfalls erforderlich, jedoch nicht so dringend. Sie wird durchgeführt, sobald die Arbeiten am Schardeich abgeschlossen sind.

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Die Situation vor der Deichverstärkung

Der Hauptdeich verlief zwischen dem Mandepolder und Utlandshörn in fast gleichbleibender Abmessung. Vom Watt bis zur Höhe NN + 3,0 m sicherte ein Deckwerk aus Basaltsäulen bzw. aus Sandstein den Deichfuß. Dieses Deckwerk wurde um 1900 verlegt, als Ersatz  für den bis dahin vorhandenen schwer zu unterhaltenen Strohbestick. An das Deckwerk schloß sich eine 3 m breite Aussenberme an, die mit Steinbrocken und Beton befestigt war. Beide, das Deckwerk und die Aussenberme waren vor Baubeginn in einem schlechten Zustand, das Deckwerk wegen seines völlig verwitterten und zerriebenen Untergrundes und die Aussenberme wegen ihrer abgängigen Lage.

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Die seeseitige Deichböschung hatte folgende Neigungen:

1 : 18 bis zur Kote NN + 3,6 m

1 :  5  bis zur Kote NN + 5,0 m

1:   3  bis zur Kote NN + 6,4 m  (Deichkrone)

Die 2,5 m bis 3,0 m breite Deichkrone lag auf der Höhe NN + 6,40 m bis NN + 6,8 m. Daran schloß sich nach binnen die Böschung mit einer Neigung  von 1:25 an, die mit Ausnahme der Ortschaft Norddeich auf eine 4 bis 8 m breite Berme mir einer 3 m breiten Deichstraße aus Steinpflaster stieß.

Das daran anschließende Binnendeichgelände liegt auf Höhen zwischen NN + 0,5 m und NN + 2,0 m. Auf diesen Flächen in Deichnähe wurde früher der Klei für den Bau des Deiches gewonnen, es entstanden die sog. Saarteiche. In der Ortschaft Norddeich verlief die Kreisstraße 14 unmittelbar entlang des Deichfußes.

Westlich des Norddeicher Hafens lag vor dem Deich ein mit Spundwänden eingefaßtes Badebecken. In diesem Gebiet hat das Bauamt für Küstenschutz im Jahre 1969 im Interesse der Deichsicherheit und des Badebetriebes eine 200 m breite Vorlandaufspülung durchgeführt. Weitere Vorlandaufspülungen, die über die natürlichen Verlandungsprozesse hinausgingen waren für die vorgesehenen Küstenschutzarbeiten nicht geplant. Sie wären in diesem Gebiet, bei besonders tiefliegenden Watt sehr kostspielig und außerdem hatte sich das Deckwerk aus Basaltsäulen sehr bewehrt, so daß der gesamte Deich wieder als Schardeich gestaltet werden konnte

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Planung und Ausbau

Auf Grund der Erfahrungen der Februarflut 1962 hat der Niedersächsische Minister für Ernährung Landwirtschaft und Forsten in einem Erlaß vom 21.05.1965 Richtwerte für die Höhe der Deiche angegeben. Dies sind für:

Utlandshörn  NN + 7,70 m

Norddeich     NN + 7,80 m

Die Berechnung erfolgte nach Formeln des Hydraulik Labors Delft und des Franzius Institut Hannover. Früher wurden Deicherhöhungen und Verstärkungen immer nach einer schweren Sturmflut vorgenommen. Dabei richtete man sich nach dem Wasserstand der letzten schweren Sturmflut und der neue Deich bot dann 100 bis 200 Jahre Schutz. Systematische Beobachtungen der Sturmflutwasserstände lagen bis zur Mitte des 1900 Jahrhunderts nicht vor. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es an der Nordseeküste genügend Pegel, um aus ihren Beobachtungen langfristige Wasserstandsveränderungen erkennen zu können. Jedoch erst das aus Anlass der Sturmflut vom 11.02.1953 entwickelte Niedersächsische Küstenprogramm 1955 bis 1964 sah einen neuen Weg im Hochwasserschutz  vor. Die Arbeitsgruppe Küstenschutz des Küstenausschusses Nord – und Ostsee empfahl danach, den höchsten zu erwartenden Sturmflutwasserstand zu ermitteln und diesen bei der Planung bzw. Verstärkung der Deiche grundlegend zu berücksichtigen. Der Sturmflutwasserstand wird auch, fachlich richtiger, als Bemessungswasserstand bezeichnet. Aufgrund der Empfehlungen der Arbeitsgruppe Küstenschutz wurde das „a – b – c – d – Verfahren“ entwickelt, mit dem durch Addition des MThW (a) der größtmöglichen Springtideerhöhung (b), des Windstaus (c) und der sekularen Wasserstandshebung (d) der maßgebende Sturmflutwasserstand errechnet wird. Die Summierung dieser Werte zuzüglich des Wertes (e= Wellenauflauf) ergeben die Höhe der Deichkrone.

„In Ostfriesland konnte dies Verfahren nicht angewandt werden, da hier örtliche Einflüsse, wie wechselnde Vorlandsbreite und Vorlandhöhe, Sommer – und Polderdeiche vor den Hauptdeichen mit unterschiedlichen Zuschlägen zu berücksichtigen waren, so dass besser unmittelbar vom HHThW ausgegangen werde konnte.“

  1. Erchinger (3), S. 144

Während man bei dem a – b – c – d – Verfahren von einzelnen Werten ausgeht, werden nach dem Vergleichsverfahren, zum HHThW das aus dem HThW einschließlich des Wertes für die sekulare Hebung bis zum Berechungszeitpunkt besteht, wird ein Sicherheitszuschlag für sekulare Hebung, atmosphärische, meteorologische und sonstige Einflüsse hinzugerechnet. Aufgrund der Erfahrungen aus der Sturmflut von 1962 und Modellversuchen des Franzius Institutes an der TU Hannover, ist es heute möglich, die verschiedenen Einflüsse genau zu berechnen, so dass nun auch hier der Bemessungswert sowohl nach dem Vergleichsverfahren ermittelt wie auch nach dem Einzelverfahren errechnet erden kann. Der jeweils größere Wert wird dann für die Deicherhöhung zugrunde gelegt.

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Die Bestimmung der Deichhöhe von Utlandshörn bis zum Mandepolder

Der Sturmflutwasserstand bemißt für Norddeich und Utlandshörn NN + 5,38 m. Das HHThW wurde bei dem Pegel 1906 mit 4,88m + NN gemessen.  Der Sicherheitszuschlag beträgt für beide Orte 0,50 cm. Der Wellenauflauf wurde gesondert  berechnet. Die Berechnung erfolgte nach Formeln des Hydraulik Labors Delft und des Franzius Instituts Hannover. Eine maßgebliche Rolle bei der Berechnung spielt die Windwirklänge. Hier ergibt sich für die Küstenregion dadurch eine besondere Situation, daß die Wellen der Nordsee an den vorgelagerten Inseln und Sandbänken brechen und sich über das Watt ein neues Wellenfeld aufbaut.

Bei den Winden aus Nordwest erfährt die fragliche Deichstrecke die stärkste Beanspruchung. Dabei ergibt sich bei einer Windgeschwindigkeit von 30 m/s (Windstärke 11) für Utlandshörn eine Wirklänge von 17 km und für Norddeich von 9 km. Das heißt, daß wen die Böschung eine Neigung von 1:6 erhält, ein Wellenauflauf von 2,42 m bei Utlandshörn und 2,01 m bei Norddeich erfolgt. Die rechnerisch erforderlichen Höhen für den neuen Deich wären demnach NN (5,38 m + 2,42 m =) + 7,80 m bei Utlandshörn bzw. NN ( 5,38 m + 2,01 m =) + 7,39 m bei Norddeich. Da wegen der dichten Bebauung im Raum Norddeich eine größere Sicherheit erforderlich ist, als z.B. in den unbesiedelten Gebieten bei Utlandshörn und außerdem zu berücksichtigen ist, wurde für die ganze Deichstrecke eine durchgehende Deichhöhe von NN + 7,80 m festgelegt.

Eine massive Fußbefestigung von Schardeichen ist jedoch unabdingbar, weil der Deichfuß ständig den Wasserkräften ausgesetzt ist, denen nur schwere Deckwerke in massiver Bauweise widerstehen können.
„Am stärksten wird die Aussenböschung eines Deiches von der Brandung beansprucht, deren Kraft von der Höhe der Wellen abhängig ist, die auf den Deich treffen. Die Aussenböschung hat umso flacher zu sein, je stärker der Wellenangriff ist, um dessen Kräfte, drucksenkrecht und schubtangential zur Böschung, auf eine möglichst große Oberfläche zu verteilen, damit Grasdecke und Erdkörper des Deiches standhalten können.“  1) Ohling, S.425

Wenn bindiger Kleiboden verarbeitet werden konnte, sollten die Aussenböschungen eines Seedeiches deshalb nicht steiler als 1:6 sein. Die unterschiedliche Ausbildung der Deichoberflächen, einer konkav  beim Vorlanddeich uns anderseits konvex beim Schardeich, ergibt sich aus der unterschiedlichen Anlage des Deichfußes.

Aus dem Vorland mit fast horizontaler Oberfläche, wird der Deich mit Neigungen von 1:20 / 1:16 / 1:12 / 1:8 auf die obere Neigung von 1:6 übergehen. Ein Schardeich erhebt sich  mit einem Deckwerk aus dem Watt, daß eine Neigung  von 1:4 / 1:3 oder eine noch steilere Neigung hat. Nach einer Ausrundung wird dann die Neigung der Aussenböschung von 1:6 übergehen.

Die Oberfläche des Deckwerkes wird heute rauh gehalten, d.h. die Basaltsäulen oder Granitsteine ragen unterschiedlich hoch hervor, um so hier den Wellenverlauf dereits zu bremsen. An das Deckwerk schließt sich nach binnen ein 3 bis 4 m breiter befestigter glatter Streifen an, der auch als befahrbarer Weg für die Deichunterhaltung genutzt werden kann.
„ Die Deichkrone ist leicht zu wölben oder einseitig nach aussen zu neigen damit das Wasser auf ihr nicht stehen bleiben kann.“ Ohling, S.427

Dadurch soll verhindert werden, das Wasser in Schadstellen oder Vertiefungen eindringt  und den Deich aufweicht.

Eine genügend flache Innenböschung ist nach den Erfahrungen der Sturmflut 1962 die wichtigste Voraussetzung für einen widerstandsfähigen Deich. Sie werden heute mit einer Neigung von 1:3 angelegt. Die Gefahr steilerer Innenböschungen liegt darin, daß überlaufendes Wasser Auswaschungen an der Innenseite verursacht, die dann zu Rutschungen und später zu Deichbrüchen führen können. Die Innenböschung geht in die Innenberme über. Diese ist so zu bemesse, dass sie ausser für den Deichlängsweg, für die Lagerung von Material, das zur Deichverteidigung benötigt wird, Platz bietet. Die Berme soll höher liegen als der mittlere Tidehochwasserstand, damit selbst nach einen Deichbruch und Abfluß des eingedrungenen Wassers das auf der Innenberme gelagerte Material genutzt werden kann. Die Abgrenzung des Deiches bildet der Deichgraben, in den das bei der Entwässerung des Deiches anfallende Wasser abgeführt wird. Dieser  allgemein erläuterte Querschnitt kann für den praktischen Wasserbau ebenso wie der Bemessungswasserstand nur eine allgemeine Richtschnur darstellen.

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Der Ouerschnitt allgemein

Aus niedrigen Erdwällen wurden im Verlauf einer langen Entwicklung die heutigen Deichquerschnitte. 

Die Neigung der Böschung wurde oft nach der örtlichen Erfahrungen bestimmt. Doch als die Zweckmäßigkeit flach geneigter Böschungen erkannt war, wurden die steileren Böschungen vielfach aus wirtschaftlichen Gründen beibehalten. Erst der Einsatz von großen Maschinen ließ die Kosten sinken. Da der Deichbau heute ausschließlich vom Staat finanziert wird können Deiche gebaut werden, die den neuen Erkenntnissen über die beste Querschnittsform entsprechen. Sie verbürgen, das höchste Maß an Sicherheit und sind in der Unterhaltung am wirtschaftlichsten.

Die Bruchsicherheit eines Deiches ist vor allem von der Neigung seiner Böschung abhängig. Der Deich ist so anzulegen, daß die Wellen bei einem guten Zustand der Grasnarbe auslaufen können, ohne ihr zu schaden. Dies gilt für die Aussenböschung ebenso wie für die Deichkrone und die Innenböschung, die durch Überschlagendes Wasser ebenfalls beansprucht wird.  Erfahrungen haben gezeigt, daß eine gut gepflegte Grasnarbe dem Wellenangriff genügend Widerstand entgegensetzen kann. Der Klei hat sich bis heute als gutes preiswertes  Deichbaumaterial bewährt, wobei der Deichkern heute meistens aus Sand besteht, der mit einer dicken Kleidecke überzogen wird. Andere Materialien, wie Steine, Beton und Asphalt verwendet man nur, wenn kein geeignetes Kleimaterial vorhanden ist. Oder wenn sich eine Grasdecke wegen zu starker Verkehrsbeanspruchung nicht erhalten läßt.

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Die Gestaltung des Deichquerschnittes zur Verstärkung und Erhöhung des Schardeiches im Bereich der Deichacht Norden

Bei der Entwicklung des neuen Deichquerschnitts mussten folgende örtliche Gegebenheiten berücksichtigt werden.

„1. Das Watt liegt im Entwurfsgebiet mit Höhen zwischen NN – 0,5 m bis +/- 0,00 m so niedrig, daß ein Vorlanddeich mit hohen Kostenaufwand zu bauen ist.“
Generalplan Deichacht Norden, S.7

  1. Auf der Seeseite des Deiches war bereits ein Basaltdeckwerk vorhanden, das sich als Schutz für den Deich bewährt hatte.

 

  1. Der zur Abdeckung des Deiches benötigte Klei ist in der Nähe vorhanden.

Ein ausreichendes Fußdeckwerk ist wegen des niedrigen Vorlandes für den neuen Deich von außerordentlicher Bedeutung. Das auf der zu verstärkenden Strecke vorhandene Fußdeckwerk wurde um die Jahrhundertwende erstellt und konnte seit dieser Zeit in der Substanz erhalten werden.

Grundsätzlich lag das Deckwerk mit 1:1 bis 1:4 zu steil (Abb. 27). An einigen Stellen hatte sich das Fundament gesetzt und die Basaltsäulen hingen dadurch nach vorne über. Für den Unterbau des Deckwerkes wurden hartgebrannte Ziegelsteine verwendet, diese sind jedoch im Laufe der Zeit abgewaschen und zersetzt worden.

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Der Basalt konnte dadurch absacken und es bildeten zudem Hohlräume zwischen Unterbau  und Deckwerk. Diese Tendenz wurde dadurch verstärkt, daß das Deckwerk stark gewölbt war. Die äußere Form des Deckwerkes bleibt dabei zwar erhalten und die gefährlichen Hohlräume konnten nur schlecht ausgemacht werden.

Große Anstrengung verlangte die Sicherung eines Schardeiches in der Vergangen- heit. Die technische Entwicklung in diesem Bereich des Deichbaues ist in den Bauweisen zu sehen. Die anfängliche Strohbestickung war für die Bauern als Träger der Deichlast die billigste Methode. Nach dem Ausbau der Verkehrswege kamen zunächst Holz.- und dann auch Natursteine in Betracht. Diese Entwicklung hat besonders nach der Erkenntnis der Stärke des angreifenden Wassers zu einer äußerst massiven Bauweise geführt. Das Bestreben des Deichbauingenieurs geht heute dahin, nur dauerhafte Bauwerke zu erstellen, deren Instandhaltung nur geringe Aufwendungen erfordern.

Die Strohbestickung  ist heute nur noch dort zu vertreten, wo eine vorübergehende Oberflächensicherung nötig ist. Hol wird nur noch dort eingebaut, wo es ständig nass bleibt, um so die Fäulnis zu verhindern und eine längere Lebensdauer zu sichern.

Unter den Natursteinen war besonders der Basalt für den Wasserbau geeignet. Entscheidende Kriterien dafür sind, daß er frostsicher ist und im Seewasser keinerlei chemische Veränderungen zeigt. Durch sein hohes Raumgewicht garantiert er für den notwendigen Druck, mit dem das Deckwerk auf seinem Untergrund lasten soll.

Da  für die Verarbeitung der Basaltsäulen Arbeitskräfte herangezogen werden müssen, die Erfahrung im Umgang mit diesen Steinen haben, verursacht das Pflastern sehr hohe Lohnkosten. Aus diesem Grund wird Basalt bei Neubauten kaum noch herangezogen.
„ Den heutigen Anforderungen an Deckwerke liegen die Erfahrungen und Erkenntnisse der Sturmflut 1962 zugrunde.“ 1) Ohling, S. 522

Die daraus entwickelten Empfehlungen beziehen sich auf das Gewicht der Deckwerke. Es sind als Fußsicherung für den Schardeich Deckwerke  mit einem Flächengewicht bis zu 1000 kg pro Qudratmeter notwendig, es sollte nicht steiler als 1 : 3 geneigt sein. Es sollte zudem einen rauhe schluckfähige Oberfläche haben und mit seiner Oberkante genügend hoch über dem mittleren Tidehochwasser liegen, damit eine wirksame Entwässerung in seinem oberen Anschluß besteht. Darüber ist ein Übergangsstreifen von 3 bis 4 m Breite zu befestigen, da in dieser Bereich an Schardeichen meistens dem salzhaltigen Spritzwasser ausgesetzt ist, kann eine gesunde Grasnarbe hier nicht gedeihen. Obwohl sich das alte Deckwerk im Bereich der Norder Deichacht bewährt hatte, muß den Mängeln, die sich eingestellt hatten, bei der Bedeutung die das Fußwerk für die Deichsicherung hat, allergrößte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Aus diesem Grund mußte man, bevor man mit der eigentlichen Deicherhöhung beginnen konnte, das Fußwerk erneuern.

Dabei wurden unterhalb der Kote NN + 2 m, wo die Basaltsäulen den alten Unterbau aus Ziegelschotter behalten haben, die Schäden repariert werden und die Steindecke mit Asphalt vergossen werden. Der Bereich zwischen NN + 2 m und NN + 3 m bekam einen neuen Unterbau, bestehend aus 10 cm Hochofenschlacke,  und 12 cm Schottereindussdecke, auf den die Granitsteine als Rauhpflaster versetzt werden    (Abb. 28 – 30). Anschließend an dieses Deckwerk wurde ein mit 1:10 geneigter Streifen angebracht, der bis zur Kote NN + 4,50 m ansteigt. Auf diesen Streifen wurde zwischen der Kote NN + 3,30 m und NN + 4,0 m nochmals ein Rauhpflaster verlegt, daß die Kraft der Wellen mindern soll, bevor sie endgültig auf den grünen Deichkörper auflaufen. Der ganze Streifen wurde mit einem 20 cm starken Asphaltbelag versehen

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Bei der Anwendung eines dichten Deckwerkes,  d.h. wenn eine geschlossene, wasserundurchlässige Oberfläche aufgetragen wird, ist die mögliche Gefahr des Wasserdruckes gegen die  Unterseite des Deckwerks zu beachten. In diesem Fall wird eine einwandfreie Entwässerung der Deichkrone nötig. Dazu wurde der ganze Deich mit  Drainrohren durchzogen, die das Wasser in den Deichgraben leiten.

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Der Kern des verstärkten Deichen besteht aus eingespültem Sand, während der alte Deich im ganzen aus Klei gebaut war, der allerdings teilweise recht sandig war. Die Kleiabdeckung des neuen Deiches wird auf der Aussenseite eine Stärke von 1,50 m haben, auf der Binnenseite von 1,0 m. Bei der Bauausführung ist darauf zu achten, daß nur guter Kleiboden als äußere Schale angebracht wird.

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Die Deichkrone wird 3,0 m breit sein und zunächst um 1m erhöht werden. Diese Überhöhung ist erforderlich um damit  zu erwartenden Setzungen und Sackungen vorzubeugen. Die landseitige Berme wird nach Abschluß der Bauarbeiten 10 m breit sein. Auf der Berme soll der 3 m breite Deichverteidigungsweg verlaufen. In Abständen von 300 m werden Ausweichen angelegt.

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Die neue Deichgrenze wird sich um rund 20 m nach binnen verschieben.

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Die Ausführung des Deichbaus

Vorgesehen war eine Verstärkung der gesamten Deichstrecke nach binnen hin. Es wurde jedoch auch untersucht ob eine Verstärkung nach Außen nicht gewisse Vorteile bieten würde. Einer der wichtigsten Grundsätze, der beim Deichbau zu beachten ist, ist er, daß während des ganzen Bauablaufes die volle Deichsicherheit gewährleistet sein muss. Dies ist bei der im Entwurfsgebiet herrschenden Situation  bei einer Binnenverstärkung am ehesten gegeben. Bei einer Verstärkung nach aussen hätte das ganze Fußdeckwerk umgesetzt werden müssen. Die aufgesetzten Spüldeiche hätten auf der Seeseite höher und stärker sein müssen um Sommersturmfluten zu wehren. Weiter hätte bei einer Aussenverstärkung das Profil innerhalb eines Sommers umgebaut werden müssen, daß bei schlechter Witterung, Geräteausfall bzw. Grundbrüchen schon ein Wettlauf mit der Zeit hätte werden können. Bei einer Verstärkung nach binnen lassen sich die einzelnen Bauphasen so einteilen, daß stetes die volle Deichsicherheit gegeben ist. Zusätzlicher Boden kann in mehreren Abschnitten aufgebracht werden, die Gefahr von Grundbrüchen wird dadurch verhindert. Zusätzliche Kosten bei Binnenverstärkung entstehen durch Grunderwerb und Erwerb und Abbruch von Häusern.

Für de Bereich der Ortschaft Norddeich wäre eine Verstärkung nach binnen  mit ungleich höheren Kosten verbunden, da hier die Bebauung wesentlich dichter ist und die Grundstückspreise damit höher liegen.

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Da eine Verstärkung nach binnen wegen zu hoher Kosten und verschiedener anderer Faktoren für den Raum der Ortschaft Norddeich ausscheidet, soll hier die Verstärkung des Deiches nach aussen hin vorgenommen werden.

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Für diese Verstärkung muss vor dem Deichneubau eine Vorlandaufspülung vorgenommen werden. In dieser Hinsicht bestanden in Norddeich keine größeren  Probleme, da das Bauamt für Kütenschutz bereits im Jahre 1969 ein 200 m breites Vorland aufgespült hatte, das bei der Aussenverstärkung nur noch auf eine Breite von 900 m gebracht werden mußte.

Für die zu verstärkenden Deichstrecke mussten aufgrund von örtlichen Besonderheiten sechs Regelprofile entwickelt werden. Die maßgeblichen Querschnittsmerkmale bleiben dabei erhalten. Die Besonderheiten erstrecken sich im wesesentlichen auf die Saarteiche, deren Entstehung auf die Entnahme von Klei zurückzuführen sind. Sie sind heute stark verschlammt und müssen aufgespült werden, um so die Gefahr der Grundbrüche zu verhindern.
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Durch die vorhandene Bebauung ergeben sich Besonderheiten in der Anlage, d.h. in der Breite der Innenberme  oder die Häuser werden abgebrochen. Eine Ausnahme bildet ein Ferienheim, hier ist eine Sonderlösung geplant. Der Deichverteidigungsweg wird auf der Südseite des Hauses vorbeigeführt. Die Erhöhung des Deiches in diesem Gebiet wird im nächsten Jahr vorgenommen.

Wesentliche Unterschiede zeigt der Deichquerschnitt im Bereich der Ortschaft Norddeich, wo im Gegensatz zur übrigen Strecke eine Deichverstärkung nach aussen vorliegt.

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Das Vorland wird auf der Seeseite durch ein Deckwerk geschützt.  Der Deich, der sich anschließt wird durch eine 2,50 m lange Holzspundwand aus Bongossi mit Oberkante auf NN + 1,00 m im Bereich  des Deichfußes geschützt. Damit dürfte eine ausreichende Sicherheit für den Fall vorhanden sein, daß durch Sturmfluten oder Windwirkung des Vorland weitgehend abgetragen wird. An die Spundwand schließt sich ein Betondeckwerk aus 15 cm starken Steinen auf Kleiunterlage an. Bis auf einen Fahrstreifen hat das Deckwerk eine Neigung von 1:6. Auf einen Rauhstreifen kann bei hohen Vorland verzichtet werden. Die anschließende grüne Böschung hat ebenfalls eine Neigung von 1 : 6.  Da die Deichkrone häufig von Spaziergängern benutzt wird, erhielt sich eine 3 m breite Befestigung. Dieser Bereich konnte erst verstärkt werden, als die Aufspülung des Deichvorlandes abgeschlossen war.

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Der Deichuntergrund und Deichboden

Bei der Planung des Deichquerschnittes ist als ein wesentlicher Faktor der Deichuntergrund mit einzubeziehen. Nach ausführlichen Bodenaufschlüssen führt die zu verstärkende Deichlinie  über Untergrund von verschiedener Tragfähigkeit. Streckenweise besteht ein sehr labiler Gleichgewichtszustand zwischen Baukörper und Baugrund, so daß eine Verstärkung des Deichkörpers zu Rutschungen oder Grundbrüchen führen kann. Diese Gefahr besteht um so mehr, als bei der modernen Bauweise große Erdmassen zusätzlich in kürzester Zeit aufgebracht werden können. Grundbrüche entstehen dann, wenn in dem aufgesetzten Deich der Boden absackt, sich seitlich verschiebt oder an anderer  Stelle hoch kommt. Während der Bauarbeiten in der Hauptdeichlinie kam es östlich von Utlandshörn  zu einem Grundbruch, an einer Stelle, an der ein führender Priel zu überqueren war. Grundbrüche während der Bauzeit eines neuen Deiches sind vom Deichbauingenieur erwünscht. Das labile Gleichgewicht wird erkannt und der Deich durch Einbau stärkerer Bodenmengen befestigt.
„ Vom Schichtenaufbau des Deichuntergrundes sind die Setzungen des Deichkörpers und von seinem Boden die Sackungen abhängig.“  1) Ohling, S. 431

Eine Setzung ist die Folge des Zusammenpressens des Untergrundes das infolge seiner Auflast, während eine Sackung das Zusammensacken des Bodens innerhalb des Deichkörpers als Folge seines Eigengewichtes ist. Das Gesamtsetz.- und Sackmaß kann bis zu 1,50 m betragen. Der Hauptteil entfällt dabei auf Setzungen, das Sackmaß der Deiche mit Sandkern, der mit schweren Baumaschinen eingebracht und verdichtet wird, ist wegen der dadurch erreichten dichten Lagerung gering.

Vor Baubeginn wurden auf der zu erhöhenden Deichstrecke Bodenaufschlüsse vorgenommen und zwar alle 250 m über die ganze Strecke verteilt.

Ebenso wichtig wie die Bodenbeschaffenheit des Deichuntergrundes ist die Art des Deichbodens und der Deichhaut von größter Wichtigkeit für die Deichsicherheit. Im Gegensatz zum früheren reinen Kleideich werden heute aus wirtschaftlichen Gründen und wegen der Zeitersparnis fast nur noch Deiche mit Sandstützkörper und einer Deckschicht die aus Klei besteht, gebaut. Dabei ist es wichtig, daß der benutzte Sand die richtige Körnung hat.

„Von den bodenmechanischen Eigenschaften des Deichkerns hängt auch die Wahl der Stärke der Kleidecke ab, wenn die Durchnässung eines feinsandigen  oder schluffigen Kleimaterials können unter der dynamischen Wirkung der Wellenschlages Fliesserscheinungen  auftreten. Ferner ist es wichtig, daß die Kleischicht so stark ist, daß die ortsständige Pflanzengemeinschaft nicht beeinträchtigt wird. Entscheidend für den Bestand des Deiches ist aber, dass die Kleidecke jederzeit funktionsfähig ist und ihre Aufgabe als Dichtungsdecke und als feste, gegen mechanische und hydrodynamische Beanspruchungen widerstandsfähige Deichhaut jederzeit voll erfüllen kann. Die Stärke der Kleischicht hängt daher u.a. von der Qualität des Deichbodens ab. Ist der Klei infolge  eines relativen hohen Sandanteils weniger geeignet, so kann die mangelnde Dichtigkeit bis zu einem gewissen Grad dadurch eine größere Schichtstärke ausgeglichen werden.

Am vorteilhaftesten ist ein halbfetter, bröckeliger und schon verdichteter Kleiboden, der möglichst keine pflanzenschädlichen  Stoffe enthält, so daß die Grasdecke ihn schnell durchwurzeln kann. ( Sandiger Klei ist zu wenig sicher- und erosionsfest, während sehr fetter Klei bei längerer Trockenheit schrumpft und rissig wird.)“

  1. Erchinger (3), S.166

Die Eignung eines Kleibodens kann nur im Zusammenhang mit dem Deichquerschnitt dessen Untergrund und den angreifenden Wasserkräften beurteilt werden. Dieses Urteil basiert auch heute noch in der Hauptsache auf Erfahrungswerten.

Der letzte Bauabschnitt bei Deicherhöhungen bzw. Verstärkungen bildet die Begrünung bzw. die Besodung. Der Deich wird bis zu einer Höhe von NN + 5 m auf der Aussenböschung mit den Soden abgedeckt, alles andere wird aufgesät.

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Eine Grasnarbe ist nur dann voll funktionstüchtig, wenn sie bei der Besodung oder  Aussaat die den Standortverhältnissen entsprechenden Grasarten enthält, die dann so gepflegt werden müssen, daß eine dichte Grasnarbe entsteht.

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Gewinnung für den Deichbau benötigten Bodens

Der Klei kommt in sehr unterschiedlichen Schichtstärken und wechselnder Zusammensetzung vor.
„ Für die Beurteilung des Bodens als Deichbaustoff sowie Reibungs- und Scherfestigkeit zu untersuchen. Die zusammen mit dem Wassergehalt und der Zustandsform die Eignung und Einbaufähigkeit bestimmen. Der Wassergehalt des Kleis  beträgt zwischen 20% und 60%.“ 1) Ohling, S. 493

Bearbeitbar ist der Klei nur mit EINEM Wassergehalt der zwischen 35% und 40% liegt, kleine Abweichungen lassen ihn zu einem unbearbeitbaren Material werden, was sich beim Transport und der Aufbringung des Bodenmaterials auswirkt. Daher kommt der Gleisförderung  im Deichbau auch heute noch eine bedeutende Rolle zu. An der Einbaustelle ist der Einsatz von Planierraupen in niederschlagreichen Monaten unmöglich, so daß in solchen Fällen nur noch der Mensch mit Schaufel und Spaten arbeiten kann. Bei trocknem Wetter kann der Boden ohne Schwierigkeiten mit Lastern von der Entnahmestelle zum Deich befördert werden.

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„Von den Bodenmassen die für den Bau von Deichen der hier beschriebenen Art -  mit Sandkern  - benötigt werden, entfällt auf den Klei der kleinere Anteil, denn in größeren Mengen muß sandiger Wattboden in der Deichkörper gebracht werden. Der Wattsand wird von der Entnahme – zur Einbaustelle hydraulisch befördert, wofür die Kosten erheblich niedriger als für den Transport von Klei sind.
Abb.  42

Dazu tragen vor allem die in großen Einheiten einsetzbaren Nassbaggergeräte bei, deren technische Ausrüstung einen Betrieb mit weniger Personal möglich macht, als er für eine gleiche Leistung mit zahlreichen Trockenbaggern nötig ist.“                      1) Ohling, S. 497

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Die Auslaufgeschwindigkeit des Wasser- Sandgemisches muß so reguliert werden, daß es nicht zu Auswaschungen des Bodens durch den Spülstrom kommt. Die Spülfelder auf Deichbaustellen sind durchschnittlich 70 m breit und zwischen 300 bis 400 m lang.

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Beim Einspülvorgang ist es wichtig, daß der Sand überall die gleichgrosse  Kornzusammensetzung hat. Zur Abführung des Spülwassers werden Ausläufe angelegt. Eine schnelle Austrocknung des Sandkörpers wirkt sich positiv auf das Bautempo aus. Günstig dafür sind die Monate Juni bis August. Niederschlagsreiche Monate führen zu erheblichen Verzögerungen.

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Die Technik des Deichbaus

 

Der Deich – und Dammbau ist wohl zu den ältesten Leistungen der Menschheit in der Baukunst zu zählen. Der Deichbautechnik an der Nordseeküste liegen Erfahrungen zugrunde, die während eines Jahrtausends gesammelt werden konnten. Die Grundsätze dieser Erfahrungen und Forschungsergebnisse vervollständigen die Kunst des Deichbaus. Die Deichbautechnik hat sich mit dem Einsatz von Maschinen vollkommen  verändert. Neu Baustoffe wie Beton, Stahlbeton und Asphalt haben alte Baustoffe wie Stroh, Holz, Ziegel und Natursteine zum Teil verdrängt. Die Arbeitskosten für Deichbau und Deicherhaltung haben sich umgekehrt. Die Erhaltung eines Deiches ist auch heute noch zum größten Teil mit Handarbeit verbunden. Die kostensparenden Großmaschinen des Deichbaus können hier nicht eingesetzt werden. Im Deichbau ist seit dem Fünfziger Jahren die Handarbeit zur Nebenarbeit geworden. Großmaschinen beherrschen das Bild.

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So ist man bestrebt, Deiche zu bauen, die möglichst wenig Unterhalt benötigen, wozu die heutige Bauweise und Baustoffe im entscheidenden Maße beitragen können. Die Aufschüttung eines Deichkörpers erforderte als noch keine Großmaschinen zur Verfügung standen den Einsatz unzähliger Arbeitskräfte. Im Transport des Deichmaterials trat mit dem Aufkommen der Gleisförderung im Erdbau in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Erleichterung ein. Doch mußte der Bodeneinbau noch bis ca. 1930 auschließlich durch Handarbeit erfolgen.

Erst die Entwicklung von Raupenfahrzeugen konnte Abhilfe schaffen. Der Deicharbeiter  mit Schaufel und Spaten ist nur noch für Feinarbeiten wie dem letzten Profilieren der Deichoberfläche notwendig oder wenn durch ungünstige Witterungsverhältnisseder Boden so ist, daß der Bagger auf Klei nicht mehr eingesetzt werden kann.

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Am Beispiel eine Teilstrecke im Bereich der Deichacht Norden, sollen einzelne Schritte erläutert werden, die zur Verstärkung und Erhöhung des alten Deiches in moderner Bauweise nötig sind.

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Wo immer es möglich ist, wird der Umbau bestehender Deiche den Neubau von Deichen  vorgezogen. Vom Neubau unterscheidet sich der Umbau dadurch, daß der Klei aus den alten Deichkörper als Kleidecke über den Sandkern des neuen Deiches gezogen werden kann und nur ein Spüldeich aufgesetzt werden muß. Nachdem eine Prüfung des Untergrundes auf seine Tragfähigkeit und Setzungsmaß vorgenommen worden ist, wird die Deichtrasse ausgewählt. Erst danach kann mit den eigentlichen Bauarbeiten begonnen werden.

Für den Bau eines Deiches mit Sandkern müssen zunächst Spüldeiche aufgesetzt werden. Da im Bereich Norden Deiche vorhanden waren, wurde dies durch das Aufschlitzen des bestehenden Deiches erreicht. Dabei wird der Boden jeweils nach der zur Verstärkung vorgesehenen Seite hin, zu einem zweiten Spüldeich aufgesetzt. Wegen der Deichsicherheit darf der alte Deich nur soweit abgetragen werden, meistens bis  NN + 5,0 m, daß im Frühjahr erfolgende Sturmfluten abgewehrt werden können. In der Tiefe reicht das Spülfeld bis auf den natürlich gewachsenen Boden, das sog. Maifeld. Erst wenn dort guter Boden ansteht, der sich zur Abdeckung des Deiches eignet, wird das Spülfeld tiefer angelegt.

Wenn die Spüldämme an den Seiten mit Querdämmen abgegrenzt worden sind, kann das Einspülen des Sandkerns erfolgen. Es ist darauf zu achten, daß es zu einer gleichmäßigen Verteilung der Kornzusammensetzung kommt. Besonders an den Enden der Spülfelder führt das Überwiegen der schlickigen tonigen Bodenanteile zu einer zu langsamen Wasserabgabe, die den Arbeitsfortgang behindert. Wenn eine ausreichende Bodenmasse eingespült worden ist, werden seitlich der Spüldämme Gräben gezogen, um die Wasserabgabe der Sandkerne zu fördern.

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Im dritten Arbeitsgang wird mit dem Profilieren des Sandkerns begonnen. Um das Setzungsmass zu überprüfen wurde ein Setzkegel mit eingebaut. Der Setzkegel besteht aus einer einen Quadratmeter großen Stahlplatte, mit einer senkrecht darauf stehenden Platte, die durch Teilstücke nach Wunsch verlängert bzw. verkürzt werden kann. Der Profilierungsvorgang beginnt damit, daß an den Seiten der Spüldämme der Boden weggenommen und im Bereich der späteren Deichkrone wieder aufgesetzt wird. Die gleichmäßige Bodenverteilung erfolgt durch Planierraupen, die den Boden gleichzeitig zwar nur geringfügig, jedoch für den Deichbau ausreichend verdichten. Die Bodenlagen werden in einer Stärke von nur rund 30 cm aufgebracht, um so eine bessere Verdichtung zu erreichen.

Im folgenden Arbeitsgang wird die Kleidecke aufgetragen. Zunächst werden der Rest des früheren Deiches, der als ein Spüldeich stehengeblieben war und der andere Spüldeich über den Sandkern verteilt. Zusätzlicher Klei wird herangefahren. Man gewinnt ihn unweit der Baustelle in dem besonders guter Marschboden abgetragen wird. Der lagenweise Einbau des Kleis ist unbedingt erforderlich, da die Kleidecke von vornherein möglichst fest und widerstandsfähig sein muß. Die Verdichtungsfähigkeit des Kleis ist eng an seinem Wassergehalt gebunden und nur innerhalb enger Grenzen überhaupt möglich. Die Auswahl der Großmaschinen ist deshalb stark von der Witterung abhängig.

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Nach der Vorprofilierung beginnt man, das Feinprofil zu formen. Die Abschlußarbeiten bilden die Innenbermen, die Aushebung des Deichlängsgrabens, die Besodung des Deiches bis NN + 5 m und die Begrünung des restlichen Deichkörpers. Im Herbst muß der Deich geschlossen sein. Der Umfang der Deichbauarbeiten, der in einem Zeitraum von wenigen Monaten geschlossen sein. Der Umfang der Deichbauarbeiten, der in einem Zeitraum von wenigen Monaten (von April bis September) bewältigt werden muß, ist nur möglich im maschinellen Baubetrieb, den der Wandel in der Bautechnik uns gebracht hat.

Die Durchführung der Deichverstärkung im Bereich der Deichacht Norden wird sich über einen Zeitraum von insgesamt 10 Jahren erstrecken. Dabei wurden zunächst die gefährdetsten Deichstrecken erhöht. Zum heutigen Zeitpunkt sind die Arbeiten bis auf zwei Deichteilstrecken soweit abgeschlossen, dass man bereits von einer Bewährungszeit des neuen Deiches sprechen kann, die ihre Höhepunkte in den inzwischen erfolgten Sturmfluten fanden.

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Vorlandgewinnung als Küstenschutz

In früheren Zeiten geschah die Vorlandgewinnung  hauptsächlich zu dem Zweck, dem Meer Neuland abzugewinnen, um es dann für landwirtschaftliche Zwecke nutzen zu können. Wenn gerade nach der Sturmflut von 1962 überall die Vorlandgewinnung in verstärktem Masse betrieben wird, so geschieht es heute fast ausschließlich im Interesse eines verbesserten Küstenschutzes.

„Dort, wo die Deiche ohne Vorland sind müssen sie durch teuere Deckwerke gesichert werden, während an Stellen, wo ein guter Heller vorhanden ist, dieser den natürlichen Schutz der Deiche übernimmt.“   1) Erchinger (1), S.7

Die Bedeutung des Vorlandes liegt in der Beeinflussung der Wellenkräfte am Deich. Hinter einem 1000 m breiten Vorland konnte am Störtebekerdeich nach der Sturmflut 1962 ein 1m niedriger Wellenauflauf gemessen werden, als hinter dem auf beiden Seiten angrenzenden Watt.

 

Bei den Landgewinnungsarbeiten handelt es sich um die Aufhöhung des Wattes.  Dazu werden zunächst Dämme, sog. Lahnungen angelegt, die in Ostfriesland 200 mal 100 m groß sind und in einem rechtwinklig zur Küste liegenden Netz angelegt werden. In dieses System fließt das Wasser ein, kommt zum stehen, wobei die Senkstoffe abgelagert werden und strömt bei Ebbe durch die  zur See hin liegende Öffnung wieder ab. Die Aufhöhung der Landgewinnungsfelder wird dadurch verstärkt, daß ein Graben- und Grüppensystem angelegt wird. Von der Menge des Schlickfalls und der Häufigkeit der Begrüppung ist der Vorlandanwachs abhängig. Unter günstigen Bedingungen ist eine Aufhöhung bis zu 10 cm erreichbar. Erste Pflanzen auf solchen neu gewonnenen Flächen sind Queller und Schlickgras, die mit zunehmender Höhe des Vorlandes durch andere Salzgräser verdrängt werden.

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Die Lahnungen wurden bis in die fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts mit Baumaterial wie Holz, Busch, Heide, und Stroh hergestellt.
Abb. 75 und 76

Diese Bauart war nur dort vertretbar, wo ohnehin gute Anlandungsverhältnisse bestanden. Für Gebiete, die den Beanspruchungen der Wasserkräfte nicht standhalten konnten, wurde der Steindamm entwickelt.
Abb. 77

Wenn ein Vorland eine bestimmte Breite erreicht hat, wird ein Sommerdeich aufgeschüttet. Die Krone des Sommerdeiches sollte 1,8 m bis 2,4 m über den MThW liegen. Er hat die Aufgabe leichte Sturmfluten vom Deich abzuhalten und bei größeren Sturmfluten die den Hauptdeich angreifenden Kräfte zu verringern. Die Februarsturmflut hat bewiesen, daß neben der Erhöhung und Verstärkung der Deiche auch andere Maßnahmen, wie die Schaffung eines Deichvorlandes  zur Verstärkung des Deiches geschaffen werden müssen.

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Die Entwässerung und der Küstenschutz

Die Entwicklung im Bau von Sielen umfaßt einen mindesten so großen Zeitraum , wie die des Deichbaus. Die Anlage einer geschlossenen Deichbaulinie machte Durchlässe für die Binnenentwässerung nötig.
„ Die ältesten Siele entstanden in Holzbauweise mit zunächst  kleinem Querschnitt, die mit dem Fortschritt der Bautechnik größer wurden. Im 18. Jahrhundert begann der Bau von Steinsielen, die einen großen technischen und wirtschaftlichen Fortschritt darstellten.“

  1. Ohling, S. 559

Die Entwässerung des Binnenlandes  steht in engem Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz, da das Land hinter dem Deich sehr niedrig liegt. An sehr tiefliegenden Stellen erreicht es Tiefen von NN – 2,00 m. An den Wasserläufen  ziehen sich Niederungen bis weit ins Land hinein. Zum Schutze dieser Landstriche ist es nötig, daß der Binnenwasserstand weit unterhalb  der alle 12 Stunden auflaufenden  Flut gehalten werden muß. So kann das Wasser nur während eines kurzen Zeitraumes ablaufen und sich nur dann, wenn das Tideniedrigwasser tief genug ausfällt. So kann das Wasser nur während eines kurzen Zeitraumes ablaufen und auch nur dann, wenn das Tideniedrigwasser tief genug ausfällt. Zu diesem Zweck, muß jeder in die See mündende Wasserlauf einen Durchlaß im Deich haben, ein sog. Siel.  Das Siel hat zugleich zwei Funktionen. Es muß einen ausreichenden Querschnitt zum Abfluß des Wassers haben und zugleich genügend Sicherheit gegen eindringendes Hochwasser bieten. Als Verschlüsse der Siele dienen meistens selbstständige Stemmtore oder einfachere Hubtore, wie z.B. beim Leda – Sperrwerk. Wenn die Entwässerung durch ein Siel nicht ausreichend gewährleistet ist, müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Heute ist mit jedem Siel ein Schöpfwerk verbunden.

Organisatorisch sind die  Entwässerungsverbände oder Sielachten mit den Deichachten zusammengelegt.  Entlang der Küste verläuft die Marsch mit Höhen bis zu  NN + 1,5 m, an den tiefsten Stellen liegt es bei – 0,5 m NN. Das Geestgebiet, das im Südosten des Verbandsgebietes ins Hochmoor übergeht, erreicht dort Höhen bis zu + 9 m NN. Nachdem zwei zur Sielacht gehörende, alte Siele geschlossen werden mußten, mußte die Entwässerung vom Nordsüdverlauf, auf die Ostwestrichtung umgestellt werden. Als einziges Siel gehört zur Sielacht Norden Leybuchtsiel. Dort besteht neben einem offenen Siel ein Schöpfwerk. Während das Siel der starken verschlickung des Aussentiefs in der Leybucht, nur noch mit Hilfe von Räumbooten betriebsfähig erhalten werden kann, hält sich an den seitlich davon angelegten Schöpfwerk eine ausreichende Rinne frei.

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Um eine möglichst reibungslose und schnelle Binnenentwässerung zu erreichen, werden dort wo eine genügend große Fläche  zur Verfügung steht, binnenwärts Speicherbecken angelegt. Dadurch wird der Speicherraum des Binnenwassers während der Sielschlußzeiten vergrößert.

„Eine andere Lösung, um den Schöpfbetrieb möglichst wirtschaftlich zu gestalten, ist außerhalb des Schöpfwerkes ein Speicherbecken anzulegen.“

  1. Ohling, S.608

Dieser Speicherpolder erfordert jedoch einen größeren Raum. Mit Hilfe eines solchen Speicherpolders können die Tideschöpfwerke Leybuchtsiel und Greetsiel als Binnenschöpfwerke
Abb. 78, 79

beibehalten werden, wenn der Rest der Leybucht eingedeicht wird. In diesem Fall brauchte das Wasser nur noch auf den Wasserstand des Speicherpolders und nicht mehr auf den im Mittel höheren Tidewasserstand gehoben werden. Die zur Zeit wegen der Verschlickung  wenig betriebene Siele könnten dann nach Ausbaggerung wieder voll leistungsfähig werden und gemeinsam mit den bei der Eindeichung entstehenden Leysiel die Schöpfwerktätigkeit stark vermindern.

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Das zukünftige Küstenschutzkonzept

Nach Mitteilung des Franzius Institutes an der Technischen Universität in Hannover sind in naher Zukunft im Bereich des Küstenschutzes keine grundlegenden Änderungen zu erwarten. Die nach der Sturmflut von 1962 erarbeiteten Richtlinien haben auch nach den in der Zwischenzeit aufgetretenen Sturmfluten ihre volle Gültigkeit. Dort wo die Küstenschutzwerke nach diesen Richtlinien bereits verstärkt worden waren, haben sie sich gut bewährt.

Die Küstenforschung ist zur  Zeit bestrebt, die bekannten Bemessungsverfahren für Küstenschutzwerke durch aus Naturmessungen gewonnene Daten zu verbessern. Solche Messungen, die sich hauptsächlich mit der Ermittlung der Wellenhöhe und Wellenauflaufes befassen, werden zur Zeit an der ostfriesischen Küste durchgeführt. So befindet sich am Ostermarscher Deich, dies ist die gefährdetste Stelle im Bereich der Deichacht Norden, eine Station, an der solche Messunen vorgenommen werden.

„ Für die Beanspruchung der Deiche durch eine Sturmflut sind neben der Höhe des Wasserstandes ihre Dauer und der Wellenauflauf maßgebend. Der Verlauf schwerer Sturmfluten wird durch schnelles Steigen des Wassers und die durch starke Böen erzeugten, kurzzeitigen Wasserstandsschwankungen gekennzeichnet. Am Pegel Bensersiel steigt das Wasser (während der Sturmflut 1962) in 3 Stunden um rund 2,5 m und hielt dann seinen Höchststand  3 Stunden. Infolgedessen lag die Wellenwirkung anhaltend in gleichbleibender Höhe der Deichböschung, die damit während der Zeit der großen Sturmstärke schwerer Brandung ausgesetzt war, was die großen Ausschläge an den Seedeichen erklärt.“

  1. Ohling, S. 403

Im Vergleich dazu brachte die Märzflut 1906 zwar den gleichhohen Wasserstand, doch liess er aufgrund eines wesentlich geringeren Wellenschlages die Deiche fast unbeschädigt.
Der Wellenschlag resultiert aus der Energie, die gegen den Deichkörper prallenden Wellen abgegeben, bevor sie je nach der Böschungsneigung am Deich auslaufen.
Abb. 60
Der Wellenauflauf ergibt sich aus dem Höhenunterschied zwischen Ruhewasserspiegel und den oberen Auslauf der Wellenzungen, der durch die Treibselgrenze boten nach der Februarflut 1962 die Möglichkeit, neue Erfahrungswerte zu gewinnen. Sie hat gelehrt, daß die bis dahin angesetzten Werte viel zu niedrig lagen.
„Der Wellenauflauf ist nach hydraulischen Gesetzen abhängig von der Wellenhöhe vor dem Deich, für die wiederum die Wassertiefe maßgebend ist. Es ist daher günstig, wenn die Wellen vor dem Erreichen des Hauptdeiches gebrochen werden und mit kleinerer Höhe weiterlaufen.“ 

  1. Ohling, S.405

Deichvorland und Sommerdeiche, die bei schweren Sturmfluten überströmt werden, können den Hauptdeich ganz entscheidend entlasten. Wie wirksam die Höhe und Breite des Vorlandes dabei sind, haben Einmessungen an der Leybucht ergeben, wo der Störtebekerdeich auf 4 km Länge frontal dem Wellenangriff ausgesetzt war und unterschiedlich breites  und hohes Vorland die Treibselgrenze bis zu 1 m schwanken ließ.
Bei der Festlegung der Deichhöhen wurde auch bisher als ein Teil des Bemessungswasserstandes der Wellenauflauf berücksichtigt. Bei der Ermittlung dieses Wertes, spielen die örtlichen Begebenheiten eine entscheidende Rolle. Die Ermittlung der Bedeutung, die den einzelnen Faktoren dabei zukommt, wird in der Zukunft die Aufgabe der Küstenforschung sein.

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Die Eindeichung der Leybucht

Die Leybucht ist die älteste der ostfriesischen Buchten. Ihr Ostufer stellt zugleich die westliche Grenze der Deichacht Norden dar. Die Leybucht selbst gehört zur Deichacht Krummhörn.

Seit der Sturmflut vom 9. Oktober 1374 als die Leybucht ihre größte Ausdehnung fand, hat die natürliche Verlandung und die Förderung des Anwachses durch den Menschen ein Neuland von rund 9860 ha geschaffen. Mit dem Bau des Störtebekerdeiches wurde die innere Leybucht 1950 durch einen beispielhaften Deich abgesichert.
Obwohl seit dieser Zeit in der Leybucht keine Landgewinnungsarbeiten mehr vorgenommen worden sind, hat ein starker natürlicher Verlandungsprozeß zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Entwässerung des Umlandes und der Erhaltung der Fahrrinne für die Greetsieler Fischer geführt.
Da eine Erhöhung der 16 km langen Hauptdeichstrecke, die die Leybucht umschließt, sowieso nötig geworden wäre, scheint sich zur Lösung des ganzen Problemkreises die Eindeichung der Leybucht anzubieten.

Der Hauptdeich würde auf 8km verkürzt werden und an den verstärkten Deich bei Utlandshörn anschliessen.
Abb. 19
Der neue Deich wird in einer leicht gekrümmten Linienführung verlaufen und 9 m hoch sein. Aus diesem Grunde ist das westlich Utlandshörn  liegende Deichende, um einen Übergang zu schaffen, bereits auf eine Höhe von 9 m gebracht worden. Durch den neuen Deich wird ein Polder von 2500 ha geschaffen. Die Aufteilung dieses Polders muß sich noch aus den endgültigen Planungsarbeiten ergeben. Die Wasserläufe des Greetsieler und Norder Tiefs werden auf alle Fälle erhalten und bei Neu – Greetsiel in das offene Meer münden.

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Bildnachweis:

Abb.  22, 23, 31, 32, 33, 34, 35, 36,                                                                                                            Kreisbildstelle  Norden,
         37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44,                                                                                                             Herr Oskar Decker
         45, 46, 48, 49, 50, 52, 53, 54,                                                                                                             (Medienzentrum Norden)
         55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 63,
         64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71,

 

Abb.   3, 5, 6, 17, 27, 47, 74,75, 76,                                                                                                              Kreisbildstelle Norden
                                                                                                                                                                           (Medienzentrum Norden)

Abb.   9, 21, 28, 29, 30, 60,                                                                                                                            Wasserwirtschaftsamt  Aurich
                                                                                                                                                                           (heute NLWK – Betriebsstelle Aurich)


Abb.   1, 2, 15, 25, 73, 77,                                                                                                                              Kramer, J. aus
                                                                                                                                                                          „Sturmflut 1962“ (s.Lit.Verz.)

                                                                                                                                                     

  Abb.   4, 7, 16, 18, 19, 24,                                                                                                                              Ohling, J

                                                                                                                                                                            „Ostfriesland im Schutze des Deiches“

                                                                                                                                                                             (s. Lit.-Verz.)

 

Abb.   10, 11,                                                                                                                                                     Rodewald, M
                                                                                                                                                                           „Zur Entstehungsgeschichte der Sturmflut -   

                                                                                                                                                                            Wetterlagen in der Nordsee“ (s.Lit.-Verz.)

Abb.   12                                                                                                                                                            Roediger, G

                                                                                                                                                                           „Entwicklung und Verlauf der Wetterlage           

                                                                                                                                                                            vom 16./17.02.1962“ (s.Lit.-Verz.)

 

Abb.  13, 14                                                                                                                                                      Schulz, H
                                                                                                                                                                          „Verlauf der Sturmflut vom
                                                                                                                                                                           Februar 1962 im Küstenund Tidegebiet“
                                                                                                                                                                           (s. Lit.- Verz. )

 

Abb.  20                                                                                                                                                              Kramer, J.

                                                                                                                                                                            „Deichsanierung an der Ostfriesischen    

                                                                                                                                                                             Küste zwischen Utlandshörn und          

                                                                                                                                                                             Hilgenriedersiel  aus: Veröffentlichungen

                                                                                                                                                                             der Forschungsstelle Norderney.


                                                                                                                                                                             (keine weiteren Angaben)

 

Luftaufnahmen:

Freigegeben vom Präsidenten des Verwaltungs – Bezirks Oldenburg

                                                                                                                                                                    Abb.  39 unter der Nummer:  105/472
                                                                                                                                                                    Abb.  40 unter der Nummer:  105/473
                                                                                                                                                                    Abb.  44 unter der Nummer:  105/467
                                                                                                                                                                    Abb.  46 unter der Nummer:  105/468
                                                                                                                                                                    Abb.  55 unter der Nummer:  105/470
                                                                                                                                                                    Abb.  64 unter der Nummer:  105/471
                                                                                                                                                                    Abb.  67 unter der Nummer:  105/469

 

Tabellen und Karten – Nachweis:

Tabelle 1                                                                                                                                                            Kramer, J.
                                                                                                                                                                           „Sturmflut 1962“

Tabelle 2                                                                                                                                                            Rodewald, M
                                                                                                                                                                           „Zur Entstehungsgeschichte der
                                                                                                                                                                            Sturmflutwetterlagen in der Nordsee“

Karte   1, 2, 4,                                                                                                                                                 Ohling, J.

                                                                                                                                                                           „Ostfriesland im Schutz des Deiches“

Karte   3                                                                                                                                                             Wasserwirtschaftsamt Aurich
                                                                                                                                                                            (heute NLWK)

                                                                                                                                                                            (nach einer Kopie)       

                          
Quellennachweis:

Deichacht Norden, Herr Janssen

 

Wasserwirtschaftsamt Aurich, Herr Th. Janssen

Heute:
NLWK =  Niedersächsischer Landesbetrieb für
                 Wasserwirtschaft, Küsten –u. Naturschutz

1. Betriebsstelle Aurich –

 

Bauamt für Küstenschutz  Norden, Herr Erchinger

 

Lehrstuhl für Verkehrswasserbau, TU Hannover
Mitteilung  Dipl. – Ing. Heerten

 

Erklärung der Terminologie:

 

Anlandung:                    Anschwemmung und Absetzen von Schlick und Sand an der Uferlinie.

Anwachs:                      Neu entstehendes (anwachsendes) Land vor dem Deich.

Außenberme:                Seeseitige Berme des Deiches, s. Deichquerschnitt

Balje:                             Breiter Wasserlauf im Wattgebiet

Besteck/Bestick:          Die festgesetzten Soll – Maße des Deichequerschnittes

besticken:                     Herstellen einer Strohmatte auf der Deichböschung

binnen:                           Innerhalb gelegen

Buhne:                           Dammartiger, aus Steinen oder Buschwerk hergestellter Uferschutz

Deckwerk:                     Geböschtes Schutzwerk zur Sicherung der Uferkante

Deichacht:                     „Deichacht“ bedeutet soviel wie „Deichgericht“- Acht = Gerichtsversammlung

Dossierung:                  Bezeichnung für die Böschungsanlage der Deiche

Ebbe:                             Das regelmäßiges Fallen des Meeresspiegels vom Tidehochwasser zum Tideniedrigwasser

Flut:                                Das regelmäßige Steigen des Meerespiegels

Geest:                            Das aus Sand, Kies und Ton in den Eiszeiten des Diluviums durch die Gletscher aufgeschüttete Land im Küstengebiet.

Grassoden:                   Aus der Grasnarbe geschnittene Rasenstücke  zur Abdeckung des Deiches

Grüppe:                         Kleiner Entwässerungsgraben

Hallig:                            Kleine unbedeichte Marschinsel

Heller:                            Landwirtschaftlich genutztes Grünland vor dem Seedeich

Höft:                               (Haupt) Das vorspringende Ende eines Deiches oder Dammes

Klei:                               Marschboden, der aus den Sinkstoffen des Meeres und der Tideflüsse hervor gegangen ist (Klei = kleben)

Koyer:                            Koyern ist das Einfahren des Kleibodens in den Deich mit Schiebkarren

Lahnung:                       (Schlenge, Schlickfänger) Damm aus Buschwerk oder Steinen

Maifeld:                         (ostfriesisch: maien = mähen, also Mähfeld = Grünland) Natürlich gewachsener mit einer Grasnarbe bedeckter Boden

Marsch:                         Das von den Ablagerungen des Gezeitenmeeres und der Tideflüsse gebildete fruchtbare Land

Mole:                              Starker Damm zum Schutz eines Hafens gegen Wellen und Strömungen

Normal - Null:                NN amtlich festgelegte Bezugsfläche für die Höhenmessungen in Deutschland

Packwerk:                     Das Packwerk dient zum Bau von Buhnen und als Sicherung gegen das Auswaschen des Bodens durch Brandung und Strömung

Pegel:                            Vorrichtung zum Messen des Wasserstandes

Polder:                           Eingedeichtes Neuland, das wegen seiner tiefen Lage künstlich entwässert werden muß

Pütt:                               Altes Raummaß, etwa 42 qbm Boden, Püttlöcher = Boden-entnahmestellen

Queller:                          20 cm hohe Salzpflanze im hochliegenden Watt

Reith:                             Reet, Schilfrohr

Ringschloot:                  Graben am Außen- oder Innenfuß des Deiches

Riede:                            Bach, kleiner Wasserlauf

Rute:                              Altes Längenmaß verschiedener Größe

        1. preuß. Ruten = 12 Fuß = 3,76 m

Saarteich:                      Flache Wassermulden binnendeichs, die dadurch entstanden sind; daß man hier Kleiboden für den Deichbau    

                                        entnommen hat

Schar:                            Ohne Vorland, Schardeich: Deich ohne Vorland

Schlick:                          Stark wasserhaltiger Meeresboden, aus dem sich der Kleiboden der Marsch bildet

Siel:                               Durchlaß im Deich für die Entwässerung des eingedeichten Landes

Sietland:                        Niedrig gelegenes Wiesen – oder Weideland

Sommerdeich:              Deich auf dem Heller zum Schutz gegen leichte Sturmfluten oder Sommerhochwasser

Springtide:                    Tide während der stärksten Einwirkung von Mond und Sonne auf die Gezeitenerscheinung. Sie fällt in die Nähe des Voll

und Neumondes. Das Hochwasser läuft in der Springtide höher und das Niedrigwasser niedriger auf, als deren mittleren Werte

Tide:                              (Gezeit)  Beziehung für die Erscheinung der periodischen Wasserstandsänderungen  und Strömungen des Meeres, die

    durch die Anziehungskraft von Mond und Sonne in Verbindung mit der Erdumdrehung entsteht

Tidehochwasser:          Thw, der höchste Wasserstand einer Tide

Tideniedrigwasser:      Tnw, der niedrigste Wasserstand einer Tide

HHThw:                          Der bekannte, eingetretene Höchstwasserstand über den ganzen beobachten Zeitraum

MThw:                            Mittlerer Tidehochwasserstand in einem betrachteten Zeitraum

Tief:                                Bedeutender Entwässerungsgraben in der Marsch

Treibsel:                        (Teek)  Angetriebenes Treibgut aus Gras, Schilf, Holz und anderem

Warf:                              (Wurt) Künstlich aufgeschütteter Erdhügel in der unbedeichten Marsch

Watt:                              Das seichte Gebiet an der Gezeitenküste, das im Verlauf der Tiden bei Flut allmählich überströmt wird und bei Ebbe

    wieder trocken fällt

Wüppe:                          Altes Flächenmaß: 1 Wüppe = etwa 20 Hektar
                                       Ferner: Zweirädrige Karre, die besonders in früheren Zeiten des Deichbaus verwendet wurde

 

 

 

Erklärung der Terminologie nach:

1. Lüders, Karl                                                                                                                    Kleines Küstenlexikon,  Bremen 1958
2. Schulz, Heinz                                                                                                                  Verlauf der Sturmflut vom Februar 1962 im deutschen Küsten -      
                                                                                                                                              und Tidegebiet der Nordsee
                                                                                                                                             aus:             Die Küste         Jahrgang  10 – 1962, Heft 1

 

Literaturverzeichnis:

  1. Bericht der vom Niedersächsischen Minister für Ernährung, Landwirtschaft und

Forsten eingesetzten Ingenieur – Kommission:

Die Sturmflut vom 16./17. Februar 1962
  im Niedersächsischen Küstengebiet
  aus:  „Die Küste“ Jg. 10     10 – 1962,  Heft 1

  1. Buß, Onko

                                                                                                                                              Die geschichtliche Entwicklung und Bedeutung des
                                                                                                                                              ostfriesischen Deichwesens Weser – Ems   1932

  1. Deichacht Norden

                                                                                                                                             Der generelle Entwurf zur Verstärkung des Hauptdeiches
                                                                                                                                              zwischen Mandepolder und Utlandshörn

 

  1. Erchinger, H.P.

                                                                                                                                             Landgewinnung – Küstenschutz
                                                                                                                                              ( Aufsatz beim Verfasser entliehen)

  1. Erchinger, H.P.

                                                                                                                                               1000 Jahre Deichbau an Niedersachsens Küste
                                                                                                                                             ( Aufsatz beim Verfasser entliehen)

  1. Erchinger, H.P.

                                                                                                                                               Küstenschutz und Vorlandgewinnung, Deichbau und
                                                                                                                                                Deicherhaltung in Ostfeiesland
                                                                                                                                               aus:    „Die Küste“  Heft 19    1970

  1. Homeier, H.

Historisch  morphologische Untersuchungen der Forschungsstelle Norderney über langfristige Gestaltungsvorschläge im Bereich der
 Niedersächsischen Küste

                                                                                                                                              aus:    „Veröffentlichungen der Forschungsstelle Norderney
                                                                                                                                              Jahresbericht 1964,  Band  XVI
                                                                                                                                             Norderney  1965

  1. Koopmann, G.   

                                                                                                                                                Die Sturmflut vom 16./17. Februar 1962
                                                                                                                                                In ozeanographischer Sicht
                                                                                                                                               aus:    „Die Küste“  Jg. 10 – 1962    Heft 2

  1.   Kramer, J.

                                                                                                                                                Sturmflut 1962
                                                                                                                                                Norden  1967

  1.   Kramer, J.

                                                                                                                                                Der Küstenschutz nach der Februarflut 1962 –
                                                                                                                                                Erkenntnisse und Folgerungen

aus:   „Veröffentlichungen der Naturforschenden Gesellschaft Emden“ Emden  1965

  1.   Kramer,J.

                                                                                                                                                 Küstenschutz in Niedersachsen
                                                                                                                                                 aus:    Wasserwirtschaft
                                                                                                                                                Jg. 62, Heft  7  Stuttgart  1972

  1.   Kramer, J.

Deichsicherung an der ostfriesischen Küste zwischen Utlandshörn  und Hilgenriedersiel

                                                                                                                                                aus:   „Veröffentlichungen der Forschungsstelle Norderney“
                                                                                                                                               Jahresbericht  1959  Bd. XI   

  1.   Krause

                                                                                                                                                Die Wasserwirtschaft in Ostfriesland
                                                                                                                                                Aurich  1959

  1.   Leiner, Karl

                                                                                                                                                   Deichbaupioniere
                                                                                                                                                 Norden 1972

  1.   Lüders, Karl

                                                                                                                                                  Kleines Küstenlexikon
        Bremen  1958

                                                                                                                                                  1.  Metzkes, E.

Bericht über den Deichbau und Küstenschutz in                         Niedersachsen und nach der Sturmflut vom 16./17. Februar  1962

                                                                                                                                                   aus:   „Die Küste“ Jg. 14  - 1966  Heft 1

  1.    Ohling,J.  (Hrsg.)

 

                                                                                                                                                Ostfriesland im Schutze des Deiches
                                                                                                                                                Leer  1969

1.  Ostfriesischer Kurier

                                                                                                                                                 Alte Deiche bei Norden und Lütetsburg

                                                                                                                                                 aus:        „Heim und Herd“  Jg. 1970, Nr. 5

  1.    Rack, E.

                                                                                                                                                Landeskunde Ostfriesland
                                                                                                                                                Norden  1974

  1.   Rodewald, M.

                                                                                                                                                Zur Entstehungsgeschichte der Sturmflutwetterlagen
                                                                                                                                                in der Nordsee
                                                                                                                                               aus:      „Die Küste“ Jg. 10 – 1962, Heft  2

  1.   Roediger, G.

Entwicklung und Verlauf der Wetterlage vom 16./17.                  Februar 1962

aus:        „Die Küste“ Jg. 10 – 1962  Heft 1

 

  1.    Schulz, H.

Verlauf der Sturmflut vom Februar 1962 im deutschen Küsten- und Tidegebiet der Nordsee
 
aus:         „Die Küste“  Jg. 10 – 1962  Heft 1

  1.    Woebcken, Carl

                                                                                                                                             Deiche und Sturmfluten an der Nordseeküste
                                                                                                                                              Bremem – Wilhelmshaven  1924

 

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